Liebeserklärung an die Blockflöte
Das Blockflöten-Orchester Neuss gab sein erstes Konzert und überzeugte mit Vielfalt und Ausdruck. Lesen Sie den Konzertbericht aus der NGZ vom 13. April 2016
Pop, Rock und Funk auf der Blockflöte - geht das? Diese Frage hat eine überzeugend positive Antwort bekommen. Der Pauline-Sels-Saal im Romaneum bot vielen Zuhörern nur noch Stehplätze, als das Blockflöten-Orchester Neuss (Bon) sein erstes großes Konzert gab. Seit sieben Jahren besteht das Ensemble und ist unter der Leitung des Fachlehrers Ralf Bienioschek zu einem festen Bestandteil des Blockflötenbereichs der Musikschule geworden.
Wer diese herrliche, spätestens seit dem 11. Jahrhundert als Soloinstrument bedeutende Flauto dolce noch immer als Anfängerinstrument unterschätzte, musste gründlich umdenken. Vornehmlich erwachsene Flötisten repräsentieren das BON, von Jana Frehn (19), die zur Zeit Blockflöte und Schulmusik an der Folkwang-Hochschule Essen studiert, bis zu Bettina Klapper (48): "Als ich meine Tochter bei der Musikschule anmeldete, habe ich gefragt 'Gibt's eigentlich nix für Erwachsene?'". Alle Blockflöten von Sopranino bis Subbass waren mit Mikros bestückt, Mia Andrä am Mischpult zauberte einen Sound und Nachhall, den man eher in der Quirinusbasilika erwartet.
Besonders bei Rock und Pop stützten das orchestrale Bon Tobias Janssen (Gitarre), Lukas Kux (Keyboard), Konstantin Winters (E-Gitarre), Ulla Sprick (Querflöte), Martin Buscher (Pauke) und Tim Syselbeck (Drums). Aber zunächst beherrschte reine Klassik das Konzert.
Mozarts "Kleine Nachtmusik" bestach in der "Romanze" mit astreinem Portato und reizendem Trio. Aus Gustav Mahlers 1. Sinfonie erklang die im dritten Satz nach d-Moll gewendete wunderbare Melodie des alten französischen Kinderliedes "Bruder Jakob". Klassisches Highlight war eine "Bergamasca", von Jana Frehn und Ralf Bienioschek mit wachsender Virtuosität zu ostinatem Bass gespielt.
Aber vornehmlich galt es zu zeigen: Blockflöten können Pop und Rock. Knackige Gitarrenriffs bei "Surprise! Surprise!" klangen auch mit Luft geblasen mitreißend, Filmmusik von James Last lud zum Träumen ein, John Miles "Music" für großes Orchester bestätigte Ralf Bienioschek, der in seiner unterhaltsamen Moderation betont hatte: "Wir können das auch!"
Viele Talente gab es zu entdecken: So hatte die Flötistin Kirsten Frisse den Popstandard "Just a Gigolo" umgetextet zu "Ich spiel nur Piccolo und habe jede Menge Spaß!" und sang ihn gleich selbst. Auch wegen ihrer traumhaft schönen Stimme und selbstbewusster Interpretation war das eine der überzeugendsten Liebeserklärungen an ein Instrument, die man je gehört hatte.