30. Shakespeare Festival
Jubiläumswürdiges Programm mit 13 Ensembles vom 14. Mai bis 13. Juni 2020 im Globe Neuss und im RLT Neuss
Dreizehn Ensembles aus England, Belgien, Kroatien, der Türkei und Deutschland, vierundsechzig Veranstaltungen nebst Workshops, Publikumsgesprächen, Führungen und Fortbildungsmaßnahmen für Lehrer – das sind die Umrisse des 30. Shakespeare Festivals Neuss, das vom 14. Mai bis zum 13. Juni ein wahrhaft jubiläumswürdiges Programm zu bieten hat.
Eine wesentliche Rolle spielt in diesem Jahr das Sujet der „verbotenen Liebe“, die in mannigfachen Varianten dargestellt wird – beginnend mit dem „berühmtesten Liebespaar aller Zeiten“, das vergeblich versuchte, einen tödlichen Graben zu ignorieren: Am 14. Mai bringt das Midsummer Scene Festival aus Dubrovnik ihre englischsprachige Romeo and Juliet-Inszenierung auf die Bühne des Globe, bevor Caroll Vanwelden, inzwischen gleichfalls eine Institution des Neusser Festival, mit ihrer Band ein Best of aus William Shakespeares Sonetten präsentiert, worin der Dichter die eine oder andere Grenzüberschreitung kunstvoll angedeutet hat.
Dann kommt Veronica Ferres, der von 2002 bis 2004 von Jedermann in Salzburg als Buhlschaft gefeierte Fernsehstar, um mit William Shakespeares Sommernachtstraum und den Solisten der Russischen Kammerphilharmonie St. Petersburg einen poetischen Rezitationsabend mit viel Musik zu gestalten, in dem es freilich nur insofern um eine „verbotene Liebe“ geht, als sich die Irrungen und Wirrungen im Walde bei Athen aus der Sturheit eines uneinsichtigen Vaters ergeben.
Eine Liebeserklärung an Shakespeare und das Neusser Globe ist die Lesung von Norbert Kentrup, ohne dessen Initiative und Engagement das kleine Theater an der Rennbahn womöglich noch immer auf dem Gelände der Landesgartenschau von Rheda-Wiedenbrück stände – und ohne den auch die bremer shakespeare company niemals nach Neuss gekommen wäre: Vier Inszenierungen der Truppe gaben 1991 den Startschuss zu einer einzigartigen Erfolgsgeschichte, in deren geradezu spektakulärem Verlauf die Bremer Truppe nicht ein einziges Mal gefehlt hat. Zum Jubiläum präsentieren sie neben ihrem Wintermärchen einen hochaktuellen Coriolanus, der im Zusammenwirken mit dem Tiyatro Bereze aus Istanbul zweisprachig aufgeführt wird.
Ben Jonsons Lustspiel Volpone in Stefan Zweigs mitreißender Verwandlung aus dem Jahre 1926 wird vom Volkstheater München als ausgesprochen gelungener „comic relief“ präsentiert. Poetisch wird es dann bei der deutschen Bühnenadaption des Kinohits Shakespeare in Love, die vom Rheinischen Landestheater begeistert aufgegriffen und mit großer Fantasie in die Tat umgesetzt wird.
„Verbotene Liebe“ war auch den Zeitgenossen des Mannes aus Stratford-upon-Avon nicht unbekannt, wie das Rheinische Landestheater mit John Fords Drama Schade, dass sie eine Hure war und das Neue Globe Theater Potsdam mit Bertold Brechts Leben Eduards des zweiten von England, einer Bearbeitung der Tragödie von Christopher Marlowe aus dem Jahre 1592, überzeugend darstellen werden: Dort der Inzest, der in einer blutigen Abrechnung endet, hier die homophilen Leidenschaften eines Herrschers, der die Quadratur des Kreises versucht, dabei aber zwischen Neigung und ehelicher Verpflichtung, zwischen Selbstverwirklichung und grenzenlosem Ehrgeiz auf der Strecke bleibt.
Um eine zwar nicht verbotene, gleichwohl aber nicht minder tödliche Liebe geht es beim zweiten Besuch der „HandleBardinnen“, die sich in diesem Sommer mit ihrem Macbeth ins Globe begeben: Man kann sich freilich vorstellen, dass die vier jungen Damen der Sache einen ungewöhnlichen Drall geben werden – wie er auch von den männlichen Kollegen zu erwarten ist, die froh sein werden, wenn sie nach ihrer Comedy of Errors noch wissen, wer wer und wer wer nicht ist.
Wer bislang die eine oder andere Komödie, Tragödie oder Historie vermisst hat, sei auf die letzte Woche des Jubiläumfestivals vertröstet, in der als ganz besonderer Höhepunkt tatsächlich an neun Tagen sämtliche 36 authentischen Bühnenstücke des Dichters gezeigt werden: eine tour de force, die der englische Autor, Performer und Regisseur Tim Etchells erfunden und zu einem geradezu legendären Dauererfolg gemacht hat. In der Tradition des Geschichtenerzählens lässt jeweils einer von sechs Akteuren sein aus Alltagsgegenständen bestehendes „Ensemble“ auf einem Tisch die Geschehnisse darstellen – und das Wunder geschieht: In der Fantasie des Zuschauers werden aus Espressomaschine, Küchenreibe, Bürsten und anderen nützlichen Geräten lebendige Figuren, bunte Dekorationen und schicksalhafte Ereignisse. Dazu bedarf es freilich eines intimen Rahmens, und der ist im Studio des Rheinischen Landestheaters Neuss gegeben, in dem das 30. Shakespeare Festival ein glänzendes Finale erleben wird.
Die Vorstellungen finden vom 14. Mai bis 4. Juni 2020 im Globe Neuss und vom 5. bis 13. Juni 2020 im Rheinischen Landestheater Neuss statt.
Weitere Informationen sind unter www.shakespeare-festival.de erhältlich.