„Neuss“ oder „Neuss am Rhein“
In diesen Tagen werden die Neusserinnen und Neusser befragt
Studierende der Heinrich Heine Universität werden in diesen Tagen per Zufallsauswahl die Neusserinnen und Neusser nach deren Meinung zur Namensänderung der Stadt befragen. Doch wie kommt das Thema auf die Tagesordnung, was sind die Hintergründe und was würde die Namensänderung kosten?
Was würde die Namensänderung kosten?
Fangen wir mit den Kosten an: Die Namensänderung an sich kostet nichts. Anders als einige Medien berichtet haben, würde die Namensänderung an sich keinen Cent kosten. Erst recht keine 260.000,- Euro. Tatsächlich müssten die Ortsschilder neu bedruckt und neue Stadtsiegel angefertigt werden. Die genauen Kosten hierfür sind noch gar nicht genau zu beziffern, weil dies nicht von heute auf morgen erfolgen würde. Wir rechnen aber mit rund 30.000,- Euro.
Warum gerade jetzt das Thema?
Warum aber ausgerechnet jetzt dieses Thema, wo wir uns doch - nicht nur in Neuss - mit ganz anderen Themen beschäftigen müssen? Im Wesentlichen gibt es zwei Gründe, die Neusserinnen und Neusser gerade zum jetzigen Zeitpunkt über ihren Stadtnamen abstimmen zu lassen:
- Das Corporate Design (Verwaltungslogo, Briefpapiere, etc.) der Stadt stammt noch aus den 1980er Jahren. Daher ist bereits seit längerem eine Neuerung vorgesehen. Selbstverständlich ist es schlauer, eine eventuelle Namensänderung direkt in das neuzugestaltende Corporate Design einfließen zu lassen.
- Die Stadt drängt es zurück an das Rheinufer. Mit der Umgestaltung des Hafenbeckens, dem Kopfgebäude und dem Insel- und Uferpark ist die Innenstadt bereits näher ans Wasser gerückt. Künftige Projekte wie die Umgestaltung des Wendersplatzes und des Rennbahnparks bringen die Neusserinnen und Neusser ebenso näher an den Rhein wie der geplante Boulevard an der Hammer Landstraße oder der Radschnellweg. Die Landesgartenschau wird - sofern die Stadt den Zuschlag vom Land erhalten wird - unter dem Motto "Gemeinsam an den Rhein" stehen. Letzteres wäre dann auch mit hohen Fördergeldern vom Land verbunden. Aber auch die Ausrichtung des internationalen Großereignisses „Hansetag 2022“ steht unter dem Motto „Im Fluss der Zeit“ und bezieht sich damit direkt auf die Verbundenheit der Stadt mit dem Rhein.
Über die Gründe, den Namen der Stadt ändern zu wollen, wurde auch der Bürgermeister in seiner letzten Online-Sprechstunde befragt:
Was sind die Gründe für die Namensänderung?
Der Name ist sowohl das simpelste als auch das stärkste Erkennungszeichen einer jeden Stadt. Wer den Namen einer Stadt hört, hat sofort dazugehörige Assoziationen und Bilder im Kopf. Diese können auf eigenen Erfahrungen beruhen, sind jedoch häufig durch fremde Eindrücke, Erzählungen oder Bilder geprägt. Manchmal ist es jedoch nur der Name selbst, der dieses Bild erschafft. Und oft beinhaltet es besondere Landmarken, die nicht nur den Ort der Stadt bestimmen, sondern mit dieser untrennbar verbunden sind.
Für Neuss ist dies unzweifelhaft der Rhein. Seit mehr als zweitausend Jahren bestimmt der Rhein die Geschichte der Stadt, hat ihre wirtschaftliche und politische Entwicklung maßgeblich mitbestimmt und war sogar für ihre Gründung entscheidend. Denn die besondere Topogra- phie, der Ort, an dem die Erft in den Rhein mündet, hat zur Gründung des römischen Lagers „Castrum Novaesium“ um 16 v. Chr. geführt. Und bereits dieses Lager verfügte über einen ersten Hafen.
Mit dem Lager kam die erste Zivilsiedlung, die als Handelsplatz von Fernhandelskaufleuten diente und bereits im Jahr 1021 als „portus“ (Hafen, Handelsplatz) bezeichnet wurde.
Der wirtschaftliche Aufschwung der Stadt im Mittelalter (etwa durch den Weinhandel) beruhte ebenso auf der Lage am Rhein wie das enorme Wachstum der modernen Stadt seit Beginn des 20. Jahrhunderts, das durch den Ausbau der Hafenanlagen seit dem Jahr 1908 initiiert wurde. Noch heute schlägt im Hafen die Herzkammer der Neusser Wirtschaft, denn durch die Lage am Rhein verfügt die Stadt Neuss über eine Verbindung an alle wichtigen Verkehrswege.
Der Rhein ist und bleibt ein wichtiger Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung und den Wohlstand der Stadt. Dies impliziert der Name „Neuss am Rhein“ und weckt entsprechende Assoziationen, auch bei Institutionen und Unternehmen außerhalb von Neuss.
Die Bezeichnung „Neuss (bzw. Neuß) am Rhein“ zur Individualisierung und Charakterisierung der Stadt findet sich bereits in amtlichen und nicht amtlichen Dokumenten und stadtgeschichtlichen Veröffentlichungen seit dem 19. Jahrhundert. Die gedruckten Stadtpläne und Stadtführer (seit der ersten Veröffentlichung 1894) trugen regelmäßig die Bezeichnung „Neuss am Rhein“ und die Adressbücher dokumentieren, dass zahlreiche private Unternehmen den Zusatz „am Rhein“ spätestens seit Beginn des 20. Jahrhunderts ebenso gebrauchten wie das kommunale Stadtwerbeamt (später Verkehrsamt) und die städtische „Sparkasse Neuß a.Rh.“.
Auch über die Umstellung auf die vierstelligen (1962) bzw. die fünfstelligen (1993) Postleitzahlen hinaus war im postalischen Briefverkehr der Adresszusatz „Neuss am Rhein“ bzw. „Neuss/ (a.) Rh.“ üblich. Im Bereich der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit verwendet die Stadt selbst seit den 1990er Jahren den Schriftzug „Neuss am Rhein“ für alle städtischen Mitteilungen und Publikationen.
Noch heute ist die Verwendung des Namens „Neuss am Rhein“ in der Bevölkerung verbreitet und oft im Geschäftsablauf der Stadt anzutreffen. Selbst in der ersten Zeile des Neusser Heimatliedes wird Bezug auf den Rhein genommen („Dort wo die Erft den Rhein begrüßt...“). Dies zeigt, dass der Rhein auch zur Identität der Neusserinnen und Neusser gehört. Denn sie sind zugleich auch Rheinländerinnen und Rheinländer. Für die einen ist er bloßes Ausflugsziel bei schönem Wetter, andere wohnen gleich am Rhein oder überqueren ihn tagtäglich auf dem Weg von und zur Arbeit. Wer jedoch von Osten zurück in die Quirinusstadt kommt weiß: Hinter dem Rhein liegt die Heimat.
Nicht umsonst drängt es die Stadt zurück an sein Ufer. Mit der Umgestaltung des Hafenbeckens, dem Kopfgebäude und dem Insel- und Uferpark ist die Innenstadt näher ans Wasser gerückt. Künftige Projekte wie die Umgestaltung des Wendersplatzes und des Rennbahnparks bringen die Neusserinnen und Neusser ebenso näher an den Rhein wie der geplante Boulevard an der Hammer Landstraße oder der Radschnellweg. Hinzu kommt die Ausrichtung des internationalen Großereignisses „Hansetag 2022“ unter dem Motto „Im Fluss der Zeit“. Die Landesgartenschau wird wiederum - sofern die Stadt den Zuschlag vom Land erhalten wird - unter dem Motto "Gemeinsam an den Rhein" stehen.
Die Umbenennung in Neuss am Rhein leitet sich damit nicht nur aus der langen Geschichte der Stadt Neuss ab, sie weist zugleich in die Zukunft, denn beide sind eng mit dem Rhein verbunden. Sie passt zur Identität der Neusserinnen und Neussern und schafft das positive Bild einer prosperierenden Stadt am großen Strom. Die positiven Effekte einer solchen Umbenennung hat auch der Rhein-Kreis Neuss im Rahmen seiner Umbenennung im Jahre 2003 herausgehoben. Mit einer Umbenennung nutzt die Stadt Neuss diesen Effekt intensiv für sich selbst und in der Folge erneut verstärkend auch für die sieben anderen Kommunen im Rhein-Kreis.
Zusammengenommen ergibt sich dadurch die Möglichkeit mit einer gleichzeitigen Änderung des Stadtnamens in „Neuss am Rhein“ ein dauerhaftes Erkennungs- und Identifikationsmerkmal mit hoher Außenwirkung für die Stadt zu schaffen.
In den beginnenden Zwanzigerjahren des 21. Jahrhunderts kann damit, auch im Zeichen der beginnenden Bewältigung der Corona- Epidemie, eine Aufbruchsstimmung in der Stadt und für die Stadt erzeugt werden, die weit in die Zukunft tragen wird.
Wie ist das weitere Vorgehen?
Im Oktober wird eine repräsentative Umfrage innerhalb der Neusser Bevölkerung durchgeführt. Dazu werden per Zufallsauswahl eine Reihe an Neusserinnen und Neusser telefonisch und an ihrer Haustüre befragt. Die Umfrage wird in Kooperation mit Studierenden der Heinrich Heine Universität Düsseldorf durchgeführt.
Letztendlich wird dann der Neusser Stadtrat mit einer ¾-Mehrheit darüber entscheiden, ob die Stadt einen entsprechenden Antrag beim Land Nordrhein-Westfalen stellen wird.