Foto: Stadt Neuss

5 Jahre Friedensglockenspiel

Neusser Delegation reist ins belgische Leuven

Am vergangenen Samstag, 11. November 2023, wurde im belgischen Leuven der Einweihung des Friedensglockenspiels vor fünf Jahren gedacht. Da das Neusser Stadtarchiv als Initiator maßgeblich an der Wiederherstellung dieses Carillon-Glockenspiels beteiligt war, reiste anlässlich des Jubiläums eine Neusser Delegation nach Leuven. Im Fokus des Besuchs stand neben den Feierlichkeiten der Austausch zur Belebung der Kulturpartnerschaft zwischen den beiden Städten.

Abteiführung, Jubiläumsfeier und Duokonzert

Nach einer Führung durch die kürzlich renovierten Bereiche der Parkabtei, empfing die Stadt Leuven die Neusser Delegation zum gemeinsamen Mittagessen in der Abteimühle. In konstruktiven Gesprächen wurden zahlreiche Anknüpfungspunkte für zukünftige Partnerschaftsaktivitäten herausgearbeitet.

Im Anschluss besuchte die Delegation die Jubiläumsfeier in der Abteikirche.  Nach einer herzlichen Begrüßung durch Bert Cornillie, Gespraeche_Kultur.jpgKulturbeigeordneter der Stadt Leuven, begrüßte Gisela Hohlmann, stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt Neuss, die Anwesenden. Besonders in der Zeit der aktuellen Kriege sei die Kultur- und Friedenspartnerschaft von besonderer Bedeutung. Prof. Dr. Gisèle Gantois, KU Leuven hielt anschließend einen Vortrag unter dem Titel „Space for Memory - Memory of Places“ und Annika Dötsch vom Marie-Curie-Gymnasium Neuss trug ein Praxisbeispiel der Zusammenarbeit anlässlich des „Friedensglockenspiel in Leuven im Kontext von historisch-politischer Schulbildung“ vor. Die musikalische Begleitung der Jubiläumsfeier übernahm das Ensemble Musa Horti.

Den Abschluss des Tages bildete ein Duokonzert des Carillonisten Luc Rombouts und der Sopranistin Noémie Schellens auf dem Friedensglockenspiel mit einer parallelen Friedenswanderung in Zusammenarbeit mit den Freunden der Parkabtei. Ein gemeinsames Singen für Frieden bei Kerzenlicht rundete die Feier anlässlich des 5-jährigen Jubiläums des Friedensglockenspiels ab.

Das geschah vor über hundert Jahren

Beim großen Brand der Stadt Leuven verloren in der Nacht des 25. August 1914 mehr als 240 Bürger*innen dieser Stadt ihr Leben, große Teile der Häuser fielen den Flammen zum Opfer. Das Glockenspiel der Parkabtei aus dem 18. Jahrhundert wurde in dieser Nacht ebenfalls zerstört. An der Gräueltat der deutschen Truppen war das Neusser Landsturm Bataillon maßgeblich beteiligt.

Wiederaufbau des Glockenspiels – Neusser Stadtarchivar brachte den Stein ins Rollen

Der Leiter des Neusser Stadtarchivs, Dr. Jens Metzdorf, machte 2014 die schockierende Entdeckung, dass Neusser an der Zerstörung von Leuven 1914 beteiligt waren. Nachdem Metzdorf seiner Entdeckung auch mit wissenschaftlicher Unterstützung der belgischen Nachbarn auf den Grund gegangen war, suchten beide Städte den Kontakt zueinander. Als konkretes Symbol der Versöhnung und des Friedens hatte sich die Stadt Neuss im Jahr 2018 an einem Nachbau des Glockenspiels beteiligt und spendete 40.000 Euro für eine der größten Glocken. Denn um das nahezu zehn Tonnen schwere Carillon mit seinen vierzig Glocken wieder zum Klingen zu bringen, war ein Gesamtetat von über 500.000 Euro notwendig. Sie trägt nicht nur das Neusser Stadtwappen und den Namen „Quirinus“, sondern auch die lateinische Inschrift:
hIs CaMpanIs CresCant paX ConCorDIaqVe – Mögen Frieden und Eintracht durch diese Glocken wachsen.“ 
Die groß geschriebenen Buchstaben entsprechen römischen Zahlen, die einzeln addiert die Jahreszahl 2018 ergeben – das Herstellungsjahr der Glocke. Zur Einweihung am 11. November 2018, 100 Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, stimmte Carillon-Spieler Luc Rombouts in der Leuvener Parkabtei auch das Neusser Heimatlied auf dem Friedensglockenspiel an.

Die Neusser*innen nahmen den Spendenruf der Stadt Neuss damals engagiert auf, sie sammelten bei allen erdenklichen Veranstaltungen für die Friedensglocken von Leuven. Für die Nachbauten der weiteren fünfzehn Bassglocken und 23 kleineren Glocken, kamen von Neusser Privatleuten, Vereinen, Unternehmen und Ratsmitgliedern nochmal rund 50.000 Euro zusammen. 

Neusser Erklärung zum Frieden

Der Rat der Stadt Neuss überreichte den belgischen Nachbarn bei der Einweihung zudem eine offizielle Erklärung.  In der Resolution stellt sich Neuss ihrer historischen Verantwortung, indem die maßgebliche Verantwortlichkeit des Neusser Landsturm-Infanterie-Bataillon an der sogenannten „Strafaktion von Leuven“ Erwähnung findet. Explizit weist die Erklärung auf die Erschießung von hunderten Zivilisten und andere brutale Kriegsverbrechen hin, an denen die Neusser Soldaten beteiligt waren. Das Vorgehen der deutschen Besatzungsarmee, so heißt es weiter, sorgte weltweit für Empörung. Zudem drückt der Rat der Stadt Neuss in der Niederschrift den Bürgern der Stadt Leuven seine Achtung aus: „Wir ergreifen dankbar die ausgestreckte belgische Hand der Versöhnung.“ Die Neusser Erklärung schließt mit den Worten: pax optima rerum! Der Friede ist das Beste der Dinge!

Video von der Einweihungsfeier am 11. November 2018


Stand: 13. November 2023