6.4 Bewertung

Nach Bewertung der Einzelkriterien ergeben sich für die gestalterischen und verkehrsbedingten Konfliktfelder durchschnittliche Konflikthäufigkeiten in den jeweiligen Straßenabschnitten. Diese beiden Merkmale fließen mit gleich starker Gewichtung in das Verfahren ein. Die Randnutzung wird stärker gewichtet, in dem sie mit dem gemittelten Wert aus gestalterischen und verkehrsbedingten Merkmalen multipliziert wird. Dadurch wird gewährleistet, dass die Nutzungsansprüche der Anwohner an die betreffenden Straßenabschnitte in besonders hohem Maße Berücksichtigung finden. (Bild 6/2 bis Bild 6/4) Das bedeutet, dass eine sehr sensible Randnutzung wie Wohnen (5) trotz relativ guter Verträglichkeit hinsichtlich der gestalterischen und verkehrsbedingten Kriterien einen insgesamt sehr hohen und somit negativen Qualitätsfaktor herbeiführt (siehe Bild 6/4). Umgekehrt mildern unempfindliche Nutzungsbereiche wie z.B. Gewerbegebiete (2) den insgesamten Qualitätsfaktor stark und stellen sich so als relativ unempfindlich dar. (siehe Bild 6/2 am Beispiel Batteriestraße)

Die sich ergebenden Bewertungsmatrizen für die drei Straßenraumtypen Hauptverkehrsstraße, Sammelstraße und Erschließungsstraßen stellen Bewertungen hinsichtlich der gestalterischen und verkehrsbedingten Merkmale, der Randnutzung sowie die davon zusammengefasste Bewertung „Qualität“ dar. Je höher der einzelne Wert der Qualität angegeben ist, desto unverträglicher ist die städtebauliche und verkehrliche Situation.

Am Beispiel Zollstraße wird die Berechnung schrittweise durchgeführt: Bezüglich der gestalterischen Merkmale hat die Zollstraße nur vereinzelt straßenbegleitende Grünelemente (4), eine unverträgliche sonstige Gestaltung (4) und eine mit Einschränkungen verträgliche Gehwegbreite (3). Aufgrund der geringen Belastung durch Halten und Parken entlang des Gehweges beträgt der Faktor für die Gehwegbreite 1,1. Dies ergibt einen Mittelwert von 3,0. Bezüglich der verkehrsbedingten Merkmale hat die Zollstraße eine unverträgliche Trennwirkung (4) und ein unverträgliches Verkehrsaufkommen (4). Dies ergibt einen Mittelwert von 4,0. Der Mittelwert aus dem gestalterischen Mittelwert (3,0) und dem verkehrsbedingten Mittelwert (4,0) beträgt 3,5. Die Randnutzung ist mit Einschränkung verträglich (3). Die Qualität der Zollstraße ergibt sich aus dem Produkt des gestalterischen und verkehrsbedingten Mittelwertes (3,5) und der Randnutzung (3) zu 10,5.

Straßenabschnitt gestalterische Merkmale verkehrsbedingte Merkmale Mittel Rand
-nutzung
Qualität
Grün Sonst.
Gestal-
tung
Geh-
weg-
breite
Halten
u.
Parken
Mittel
[1]
Trenn-
wirkung
Verkehrs-
auf-
kommen
Mittel
[2]
([1]+[2])/2
=[3]
[4] [3]*[4]
Bild 6/2: Bewertungsmatrix Hauptverkehrsstraße
Am Kehlturm 3 4 3 1,0 2,8 4 1 2,5 2,6 3 7,9
Batteriestraße 4 4 4 1,0 3,3 4 5 4,5 3,9 2 7,8
Düsseldorfer Straße 3 4 3 1,0 2,8 4 4 4,0 3,4 3 10,1
Friedrichstraße 5 4 2 1,1 3,0 4 4 4,0 3,5 4 14,1
Gielenstraße 3 3 2 1,1 2,3 3 1 2,0 2,1 4 8,6
Nordkanalallee 2 3 3 1,0 2,3 2 2 2,5 2,4 5(5) 10,6
Rheintorstrasse 4 5 3 1, 3,3 3 5 4, 3,6 2 7,3
Selilkumer Straße 3 4 3 1,0 2,8 3 1 2,0 2,4 2(6) 4,8
Theodor-Heuss-Platz 2 2 2 1,1 1,8 5 4 4,5 3,1 3 9,4
Zollstraße 4 4 3 1,1 3,0 4 4 4,0 3,5 3 10,5
Straßenabschnitt gestalterische Merkmale verkehrsbedingte Merkmale Mittel Rand
-nutzung
Qualität
Grün Sonst.
Gestal-
tung
Geh-
weg-
breite
Halten
u.
Parken
Mittel
[1]
Trenn-
wirkung
Verkehrs-
auf-
kommen
Mittel
[2]
([1]+[2])/2
=[3]
[4] [3]*[4]
Bild 6/3: Bewertungsmatrix Sammelstraße
Adolf-Flecken-Straße 2 2 3 1,0 2,0 3 2 2,5 2,3 3 6,8
Breite Straße 3 2 2 1,0 2,0 2 1 1,5 1,8 5 8,8
Collingstraße 5 3 2 1,0 2,8 2 1 1,5 2,1 3 6,4
Drususallee 1 3 2 1,2 1,8 3 2 2,5 2,2 5 10,8
Erftstraße (westlich Drususallee) 2 3 3(7) 1,0 2,3 2 2 2,0 2,1 3 6,4
Erftstraße(östlich Drususallee) 2 3 2 1,0(8) 2,0 2(9) 2 2,0 2,0 5 10,0
Hafenstraße 4 3 3 1,0 2,8 3 2 2,5 2,6 4 10,5
Hermannsplatz 3 2 2 1,0 2,0 2 1 1,5 1,8 5 8,8
Kaiser-Friedrich-Straße 2 2 2 1,0 1,8 2 1 1,5 1,6 5 8,1
Straßenabschnitt gestalterische Merkmale verkehrsbedingte Merkmale Mittel Rand
-nutzung
Qualität
Grün Sonst.
Gestal-
tung
Geh-
weg-
breite
Halten
u.
Parken
Mittel
[1]
Trenn-
wirkung
Verkehrs-
auf-
kommen
Mittel
[2]
([1]+[2])/2
=[3]
[4] [3]*[4]
Bild 6/4: Bewertungsmatrix Erschließungsstraße
Bereich Hamtorplatz 3 3 2 1,0 2,3 3 4 3,5 2,9 3 8,6
Büttger Straße 4 3 3 1,2 2,8 1 2 1,5 2,2 4 8,6
Glockhammer 3 3 2 1,1 2,3 2 1 1,5 1,9 3 5,7
Hamtorstraße 4 2 5 1,4 3,1 2 3 2,5 2,8 3 8,4
Hessenstraße 5 4 3(10) 1,0 3,3 1 2 1,5 2,4 3 7,1
Kapitelstraße 5 4 3 1,1 3,3 2 1 1,5 2,4 4 9,6
Michaelstraße 5 2 5 1,4 3,4 2 3 2,5 2,9 4 11,74
Oberstraße (Zollstraße bis Am Stadtarchiv) 4 3 3 1,0 2,8 3 2 2,5 2,6 3 7,9
Rheinstraße 4 4 2 1,0 2,8 3 4 3,5 3,1 3 9,4
Rheinwallgraben 5 4 3 1,0 3,3 1 2 1,5 2,4 3 7,1
Sebastianusstraße 3 3 3 1,2 2,6 2 1 1,5 2,0 3 6,1
Spulgasse 4 3 2 1,0 2,5 1 2 1,5 2,0 3 6,0

Die Qualität der untersuchten Hauptverkehrsstraßen liegt in der Innenstadt Neuss zwischen 4,8 und 14,1, die Qualität der Sammelstraßen zwischen 6,4 und 10,8 und die Qualität der Erschließungsstraßen zwischen 5,7 und 11,7.

Zur Einstufung des sich jeweils ergebenden Gesamtwertes werden für die drei Straßenraumtypen Verträglichkeitsklassen gebildet. Die Beurteilungskriterien werden dabei einer typenspezifischen Gewichtung unterzogen. Die in der Bewertung untersuchten Merkmale nehmen auf ein sensibles Straßenumfeld deutlich mehr Einfluss als auf einen dominanten Hauptstraßenzug. Daher ist der Werteabstand zwischen den einzelnen Qualitätsklassen bei den Erschließungsstraßen (sensibler Straßenraum) am engsten und bei den Hauptverkehrsstraßen am weitesten gesetzt. (Bild 6/5)

Straßenraumtyp gut verträglich/
sehr geringe Konfliktdichte
(++)
verträglich/
geringe Konfliktdichte
(+)
mitEinschränkung verträglich/
mittlere Konfliktdichte
(o)
unverträglich/
hohe Konfliktdichte
(-)
völlig unverträglich/
sehr hohe Konfliktdichte
(--)
Bild 6/5: Verträglichkeitsklassen
Hauptverkehrsstraße 1,0 – 3,9 4,0 – 7,9 8,0 – 11,9 12,0 – 15,9 16,0 – 20,0
Sammelstraße 1,0 – 3,1 3,2 – 6,3 6,4 – 9,5 9,6 – 12,7 12,8 – 16,0
Erschließungsstraße 1,0 – 2,3 2,4 – 4,7 4,8 – 7,1 7,2 – 9,5 9,6 – 12,0

Anhand der ermittelten Konfliktdichten der einzelnen Straßenabschnitte werden durch Mängelkartierungen des Netzes Handlungsschwerpunkte erkennbar.

Im folgenden werden die Ergebnisse der städtebaulichen und verkehrlichen Bewertung entsprechend den jeweiligen Straßenraumtypen Hauptverkehrsstraße, Sammelstraße und Erschließungsstraße aufgelistet.

Sehr hohe Konfliktdichten und ein sich daraus ergebender kurzfristiger Handlungsbedarf lassen sich nur für die Erschließungsstraßen im zentralen Bereich feststellen:

Erschließungsstraße:

  • Michaelstraße
  • Kapitelstraße

Hohe Konfliktdichten und ein sich daraus ergebender kurz- bis mittelfristiger Handlungsbedarf lassen sich für die nachfolgenden Straßenabschnitte feststellen:

Hauptverkehrsstraße:

  • Friedrichstraße

Sammelstraßen:

  • Drususallee
  • Erftstraße (östlich Drususallee)
  • Hafenstraße

Erschließungsstraßen:

  • Bereich Hamtorplatz
  • Büttger Straße
  • Hamtorstraße
  • Oberstraße
  • Rheinstraße

Mittlere Konfliktdichten und ein sich daraus ergebender mittel- bis langfristiger Handlungsbedarf ergeben sich für folgende Straßenabschnitte:

Hauptverkehrsstraßen:

  • Düsseldorfer Straße
  • Gielenstraße
  • Nordkanalallee
  • Theodor-Heuss-Platz
  • Zollstraße

Sammelstraßen:

  • Adolf-Flecken-Straße
  • Breite Straße
  • Collingstraße
  • Erftstraße (westlich Drususallee)
  • Hermannsplatz
  • Kaiser-Friedrich-Straße

Erschließungsstraßen:

  • Glockhammer
  • Hessenstraße
  • Rheinwallgraben
  • Sebastianusstraße
  • Spulgasse

Straßenabschnitte mit einer geringen bzw. sehr geringen Konfliktdichte werden nicht weiter angeführt. Für sie ist kein direkter Handlungsbedarf im Rahmen dieser Bewertung ermittelt worden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie in einzelnen Konfliktfeldern keine Unverträglichkeiten aufweisen.

Bewertung von Straßenabschnitten ohne MIV

Die aus der Bewertungsmatrix ermittelten Konfliktfelder sind zu einem nicht unwesentlichen Teil auf die verkehrlichen Merkmale zurückzuführen, in welche die Trennwirkung und die Verkehrsbelastung einfließen. Für Straßen, an denen kein Kfz-Verkehr stattfindet, gelten diese verkehrlichen Merkmale nicht bzw. nicht in einem solchen Ausmaß. Solche verkehrsberuhigten Bereiche müssen daher gesondert betrachtet werden.

In der Neusser Innenstadt sind folgende Straßenabschnitte betroffen:

  • Krefelder Straße
  • Niederstraße
  • Büchel

Wie bereits in Kapitel 5.2.5 beschrieben, sind die Gehwegbreiten in dieser Straßenachse im Verhältnis zu den starken Fußgängerströmen sehr gering dimensioniert. Hinzu kommt der hohe Aufenthaltsanspruch aufgrund des hohen Geschäftsanteils. Gestalterische Merkmale wie Möblierung und straßenbegleitendes Grün sind kaum vorhanden. Die Straßenbahn stellt eine gefühlte markante Trennwirkung für den Querverkehr dar. Dass diese Trennwirkung sehr subjektiv bewertet wird, geht aus der Haushaltsbefragung hervor, bei der jeweils knapp die Hälfte der Neusser Bürger die Straßenbahn als Belästigung in der Fußgängerzone empfinden.

Aus dieser insgesamten Betrachtung wird die Situation nach fachlicher Einschätzung als unverträglich/ hohe Konfliktdichte eingeteilt.

  1. einseitig anbaufrei, trotzdem überwiegendes Interesse an Wohnnutzung
  2. Der geringe Anteil an Wohnnutzung bleibt unberücksichtigt.
  3. Vergleich zu Erftstraße (östliche Drususallee: Bedingt durch einen höheren Anteil an Einzelhandel, ist der Flächenanspruch an Gehwegbreiten höher als bei reiner Wohnnutzung
  4. im Bereich Drususallee geringe Belastung durch einseitiges Halten und Parken (1,1), vorwiegend aber keine Belastung durch Halten und Parken
  5. In diesem Bereich besteht kaum Querungsbedarf.
  6. Sehr schmaler Gehweg, allerdings besteht kaum Anspruch auf einen breiteren Gehweg.