3.7 Städtebaulicher Maßnahmen- und Handlungsrahmen
In der städtebaulichen Analyse wurden für einige Innenstadtstraßen hohe Konfliktdichten ausgewiesen, die sich durch die Überlagerungen der verschiedenen Nutzungsansprüche an den vorhandenen Straßenraum durch Anwohner und Verkehrsteilnehmer ergeben. Gegenmaßnahmen können hierbei nur in einer Abwägung aller Ansprüche und Berücksichtigung möglicher Konsequenzen gefunden werden, da sich der vorhandene Straßenraum nicht ohne weiteres vergrößern lässt.
Durch Schaffung eines Einbahnstraßensystems wurde die Erreichbarkeit für den MIV der einzelnen Bereiche in der Innenstadt und die Anforderungen hinsichtlich Parken im Straßenraum, Erreichbarkeit für den Fußgänger- und Radverkehr in den teilweise schmalen Straßenräumen der Innenstadt bereits heute weitestgehend optimiert. In Abhängigkeit der Randbebauung wurde hierbei bei überwiegender Wohnnutzung dem Parken im Straßenraum und bei hohem Geschäftsbesatz der Erreichbarkeit und Aufenthaltsqualität für den Fußgänger Priorität gegeben.
In Abhängigkeit der Priorisierung der verschiedenen Ansprüche an einen Straßenabschnitt können Lösungsansätze nur unter Abwägung aller Anforderungen gefunden werden, wobei die heute vorhandene Situation trotz verschiedener Mängel bereits das Optimum darstellen kann. Zum Beispiel kann im Verlauf der Michaelstraße nicht in allen Abschnitten den Forderungen nach einem ausreichend breiten Gehweg gefolgt werden, da der vorhandene Querschnitt den Anforderungen des fließenden Verkehrs und des abschnittweisen Parkens im Straßenraum ebenfalls gerecht werden muss.
In der Michaelstraße wird heute überwiegend erschließender Verkehr für die Erreichbarkeit der Grundstücke und der vorhandenen Parkhäuser abgewickelt. Der Straßenquerschnitt wurde für diesen Andienungsverkehr weitestgehend reduziert, so dass eine weitere Reduzierung der Straßenfläche für den fließenden Verkehr ausgeschlossen ist. Die übrigen Flächen stehen dem Fußgängerverkehr zur Verfügung. Flächen für ruhenden Verkehr sind im Straßenraum nur an einzelnen Stellen ausgewiesen. Nur an diesen Stellen wäre durch Aufgabe der oberirdischen Stellplätze eine Verbreiterung der Flächen für den Fußgängerverkehr möglich. Da Stellplätze im Straßenraum gewünscht werden, wird ein Wegfall der hier vorhandenen Stellplätze nicht empfohlen.
Für viele Bereiche mit hoher Konfliktdichte in der Innenstadt wären aufgrund der schmalen Straßenräume Verbesserungen nur sehr punktuell und teilweise mit negativen Folgen für andere Bereiche zu erzielen. Durch die vorgeschlagene Änderung des Parkleitsystems mit Vermeidung der Querung des Hauptstraßenzuges wird der Parksuchverkehr und damit die Verkehrsbelastung einzelner Straßenabschnitte reduziert.
An anderer Stelle könnten Gegenmaßnahmen getroffen werden, die zum Teil negative Folgen für andere Straßen oder für andere Nutzer des Straßenraumes haben. Dieser Abwägungsprozess wird nachfolgend am Beispiel Drususallee erläutert.
Beispiel Drususallee
Nur in wenigen Straßenabschnitten bestehen in vorhandenen Straßenräumen noch Gestaltungsmöglichkeiten, so z.B. in der Drususallee. Die Drususallee ist heute durch zwei mittels eines Baumstreifens getrennte Richtungsfahrbahnen gekennzeichnet. Der mit Bäumen besetzte Mittelstreifen wird heute zum Parken genutzt. Dem hohen Parkdruck durch Anwohner und dem Einkaufsverkehr in die Innenstadt wird durch zusätzliche Längsparkstreifen gefolgt. Die Drususallee ist zudem eine der Zufahrtsstraßen in die Innenstadt aus Richtung Westen und ist als solche auch ausgewiesen.
Die Überlagerungen der Anforderungen und die heutige Gestaltung führt dazu, dass die Straße eine hohe Trennwirkung aufweist. Eine Minderung der Trennwirkung kann zum einen durch Reduzierung der Verkehrsbelastung, zum anderen durch Umgestaltung des Straßenraums erreicht werden. Bei der Umgestaltung sind wiederum mehrere Varianten möglich. Alle diese Maßnahmen haben aber Konsequenzen unmittelbar auf den Straßenabschnitt der Drususallee und auch im umgebenden Straßennetz.
Eine Reduzierung der Verkehrsbelastung auf der Drususallee wäre z.B. durch Ausweisung der Drususallee als Anliegerstraße und damit faktisch einer Sperrung der Zufahrt zur Innenstadt über die Drususallee zu erreichen. Hierdurch würde sich der Verkehr in die Innenstadt andere Wege suchen und somit andere Bereiche mehr belasten. Eine Unterbindung der Zufahrt über die Drususallee würde zu einer Verlängerung der Wegstrecke in die Innenstadt und vor allem zu Mehrbelastungen auf der Schorlemer Straße – Gielenstraße, Büttger Straße und Friedrichstraße führen. Die Mehrbelastungen würden hier bis zu 22 % der heutigen Verkehrsbelastungen pro Tag betragen.
Die Gesamtverkehrsbelastungen auf der Drususallee würde mit einer solchen Maßnahme auf unter 2.000 Kfz-Fahrten pro Tag im Querschnitt fallen. Diese mögliche Entlastung der Drususallee zu Lasten der anderen ebenfalls empfindlichen Bereiche kann nicht empfohlen werden, da durch die Gestaltung der Drususallee mit der großen Anzahl an Parkflächen und der Baumreihe in der Straßenmitte visuell eine Trennwirkung immer bestehen bleibt.
Eine Minderung der visuellen Trennung könnte durch Umgestaltung des Straßenraumes erfolgen, indem die in Mittellage ausgewiesenen Stellplätze zu Gunsten von Längsparkern am Straßenrand aufgegeben werden. Für die Durchlässigkeit für Fußgängerquerverkehr sind in den Längsparkern an mehreren Stellen größere Abstände freizuhalten. Hierdurch wird sich die Anzahl der Stellplätze allerdings reduzieren, wodurch mitunter den Anwohnern kein Parkraum im unmittelbaren Umfeld bzw. weniger oberirdische Stellplätze für Innenstadtbesucher angeboten werden kann. Die exakte Anzahl der entfallenden Stellplätze könnte nur durch eine konkrete Überplanung des Straßenabschnittes ermittelt werden.
Durch den heute entlang der Straße geführten Radweg beidseitig der Fahrbahn können nicht an allen Stellen beidseitig Längsparker angeboten werden. Hierzu müsste der Radweg zusammengefasst z.B. über den begrünten Mittelstreifen geführt werden. Eine solche Radwegführung würde allerdings an den vorhandenen Querstraßen zu erheblichen Konfliktpotenzialen zwischen Radfahrern und Autofahrern führen. Aus Sicherheitsaspekten kann eine solche Radwegeführung nicht empfohlen werden.
Eine Änderung (Wegfall) der Beschilderung der Zuwegung zur Innenstadt über die Drususallee kann den ortsfremden Verkehr aus der Drususallee verlagern; ortskundiger Verkehr kann damit nicht beeinflusst werden. Hierdurch kann die Verkehrsbelastung insgesamt nur marginal reduziert und somit andere Straßen entsprechend mehr belastet werden.
Die Verkehrssituation in der Drususallee kann nicht grundlegend verändert werden, da vielfache Nutzungsansprüche bestehen. Die Verbesserung eines Nutzungsanspruches allein hat im Wesentlichen nur Nachteile für andere Nutzer.