29.01.2025 - Auflösung der Drogenszene an der Stadthalle: Stadt und Kreis setzen auf geordnete Verlagerung und soziales Angebot für Abhängige

Der Rhein-Kreis Neuss und die Stadt Neuss wollen gemeinsam die Drogenszene an der Stadthalle auflösen und geordnet verlagern. Das derzeit von der Szene genutzte Grundstück an der Stadthalle wurde von der Stadt Neuss bereits zum Zwecke des Wohnungsbaus verkauft und muss geräumt werden. Mit der Verlagerung soll ein neues soziales Angebot für Drogenabhängige vorübergehend auf dem stadteigenen Gelände an der Rheintorstraße mit einem „Kontaktcafe“ eingerichtet und erprobt werden. Das Angebot ist an diesem Standort als Übergangslösung konzipiert, dass der Stadt und dem Kreis maximale Flexibilität für die Zukunft bietet.

Menschen, die Drogen und andere illegale Substanzen konsumieren und abhängig von Suchtmitteln sind, sollen bestmögliche Hilfsangebote im Rhein-Kreis Neuss vorfinden. Allerdings haben sich in den vergangenen Jahren sowohl gesetzliche Rahmenbedingungen, beispielsweise mit der Teillegalisierung von Cannabis-Konsum, als auch Konsummuster und Quantität verändert. Laut Bundesdrogenbeauftragtem sind 2023 deutschlandweit 2227 Menschen durch den Konsum illegaler Substanzen ums Leben gekommen – so viele wie noch nie in einem Jahr. Aufgrund der sich wandelnden Herausforderungen haben der Rhein-Kreis Neuss und die kreisangehörigen Kommunen ihre bisherige öffentlich-rechtliche Vereinbarung auf dem Gebiet der Drogenhilfe überarbeitet und angepasst. Die neue öffentlich-rechtliche Vereinbarung ist zum 1. Januar 2025 in Kraft getreten.

Alle kreisangehörigen Kommunen haben sich auf die gemeinsame Neuregelung geeinigt. Der Rhein-Kreis Neuss übernimmt die Koordination und Beauftragung der Angebote. Diese Funktion wurde zuvor von der Stadt Neuss wahrgenommen.

Kreisgesundheitsdezernent Gregor Küpper dankt allen beteiligten Kommunen für die konstruktive Zusammenarbeit. „Besonders freue ich mich, dass auch Bereitschaft bestand, zusätzliche Personalkapazitäten in der Beratung zur Verfügung zu stellen, um dem gewachsenen Bedarf in diesem Bereich nachzukommen“, betont er.

Erbracht werden die Leistungen und Angebote zurzeit durch die Caritas Sozialdienste Rhein-Kreis Neuss GmbH, mit der der Rhein-Kreis Neuss als Auftraggeber eine entsprechende Grundsatzvereinbarung geschlossen hat. Die Kosten werden nach einem in der Vereinbarung festgelegten Kostenschlüssel aufgeteilt, der auf der Einwohnerzahl der Kommunen basiert.

Es werden Angebote im Bereich der Beratung und Prävention vorgehalten. Die Caritas bietet Beratung für Personen mit problematischem oder abhängigem Konsum und deren Angehörige in Neuss an der Rheydter Straße an, aber ebenso in den Büros in Dormagen und Grevenbroich. Auch wird intensive Präventionsarbeit in den Schulen durchgeführt. „Prävention ist einer der entscheidenden Bausteine des Konzepts. Wer erst gar keine illegalen Substanzen konsumiert, muss später nicht mit aufwändigen Entgiftungen, Ausstiegsberatungen und weiterer Hilfe in diesem Bereich aufgefangen werden. Es wird zudem viel persönliches Elend verhindert“, erklärt Barbara Albrecht, Leiterin des Kreisgesundheitsamtes.

Angebote im Bereich der Daseinsfürsorge für Suchtkranke – wie zum Beispiel spezialisiertes Streetwork – können individuell in den einzelnen Kommunen stattfinden. In Neuss ist dies mit dem Team von „Beratung Mobil“ der Fall.

Ebenso ist es möglich, dass in den Kommunen, in denen es gewünscht ist, sogenannte „Kontakt Cafès“ eröffnet werden. In diesen niedrigschwelligen Einrichtungen haben Betroffene die Möglichkeit, sich aufzuhalten, eine Mahlzeit zu sich zu nehmen, Wäsche zu waschen, aber auch Beratungsangebote wahrzunehmen. Der Konsum von Drogen ist dort untersagt, auch sogenannte Drogenkonsumräume gibt es dort nicht.

In Neuss existierte von 2002 bis 2020 bereits das Kontakt Café „Come-In“ an der Augustinusstraße 21, das jedoch während der Corona-Pandemie geschlossen wurde. Der Standort steht heute nicht mehr zur Verfügung, es besteht jedoch Einigkeit zwischen Stadt und Rhein-Kreis Neuss, dass eine Nachfolge für das Angebot geschaffen werden muss.

In den vergangenen Monaten hat es daher eine intensive Suche nach einem neuen Standort in Neuss gegeben. Dabei haben die verschiedenen Akteure (Sozialamt Stadt Neuss, Jugendamt Stadt Neuss, Bürger- und Ordnungsamt Stadt Neuss, Kreispolizeibehörde, Gesundheitsamt Rhein-Kreis Neuss) mit unterschiedlichen Bewertungsansätzen bis zu zehn Standorte näher beleuchtet. Das Kontakt Café soll nach dem Ergebnis der Beratungen auf dem Gelände des Grundstücks Rheintorstraße 30 in Neuss eröffnet werden. Das Grundstück steht im Alleineigentum einer Gesellschaft der Stadt Neuss und verfügt über einen großen Hof. Dort soll das Kontakt Café in Form eines Containerbaus entstehen.

Das Angebot ist zunächst an fünf Tagen in der Woche für vier Stunden geplant. Es wird erwartet, dass sich die Drogenszene insgesamt durch das niedrigschwellige Angebot des Cafès entzerrt. Der Konsum von Drogen ist auf dem Gelände verboten. Der Bereich wird insgesamt gut einsehbar sein, so dass das Cafè und der Außenbereich, auch aufgrund der anwesenden Mitarbeiter, für Dealer unattraktiv ist. Regelverstöße wie Drogenkonsum oder Dealen werden konsequent, zum Beispiel durch Hausverbote, geahndet. Die zuständigen Stellen stehen in enger Abstimmung mit der Kreispolizeibehörde Rhein-Kreis Neuss. Gemeinsam wird die objektive und subjektive Entwicklung vor Ort und im Umfeld genau im Blick behalten; erforderlichenfalls werden entsprechende Maßnahmen in den jeweiligen Zuständigkeiten abgestimmt und getroffen. Regelverstöße werden auch seitens der Kreispolizeibehörde Rhein-Kreis Neuss im Rahmen des gesetzlichen Auftrags konsequent geahndet.

Über die geplante Eröffnung des Kontakt Cafés wurde der Kreisausschuss in seiner Sitzung am 29. Januar unterrichtet. Der Haupt- und Sicherheitsausschuss der Stadt Neuss wird in seiner Sitzung am 30. Januar unterrichtet. Dem Rhein-Kreis Neuss und der Stadt Neuss ist es zudem wichtig, die Anwohnerinnen und Anwohner über das Vorhaben zu informieren. Eine entsprechende Veranstaltung ist für Mittwoch, 12. Februar, geplant. Die Anwohnerinnen und Anwohner werden schriftlich hierzu eingeladen.

Bis zu einer Eröffnung des Kontakt Cafés werden noch einige Monate vergehen. Auch nach der Eröffnung wird der Standort nicht auf Dauer sein. Die Stadt Neuss hat mittelfristig vor, das Gesamtareal zu überplanen. „Dennoch ist es uns wichtig, dass die Betroffenen unmittelbar ein niedrigschwelliges Angebot bekommen und die Möglichkeit erhalten, Hilfsangebote wahrzunehmen“, betont Holger Lachmann, Beigeordneter für Bürgerservice, Sicherheit und Soziales der Stadt Neuss.