17.11.1999 - „Sammeln aus Leidenschaft“
Die Stifterpersönlichkeiten Pauline und Clemens Sels...
...und die Gründung des Neusser Museums
Vor 87 Jahren, am 24. August 1912, wurde das städtische Museum von Neuss auf dem Freithof unweit des Zeughauses eröffnet. Der Bau des an einen Tempel erinnernden Gebäudes war durch eine großzügige Spende von Pauline Sels möglich geworden. Sie war die Witwe von Dr. Clemens Sels und hatte ganz im Sinne ihres Mannes testamentarisch verfügt, dass die Sammlung ihres Mannes durch ihre Spende einen eigenständigen Bau erhal¬ten sollte.
Die Geschichte bis zur Gründung dieses Museums war au-ßerordentlich wechselvoll: Vor 160 Jahren, 1839, wurde der Altertumsverein gegründet, der systematische Grabungen in und um Neuss veranlaßte und die ausgegrabenen Objekte, Zeugnisse der vorwiegend römischen und mittelalterlichen Vergangenheit von Neuss, sammelte und zunächst ab 1845 im alten Gymnasium ausstellte. Seit 1856 waren diese Re-likte der Vergangenheit im Rathaus untergebracht und den Bürgern zu den Öffnungszeiten der Büros zugänglich.
1889 wurde im Obertor ein erstes eigenständiges Museum eingerichtet. Nach dem Brand im Jahre 1900 wanderten die immer zahlreicher werdenden Objekte zur Geschichte von Neuss aber auch erste Schenkungen von Gemälden und anderen Kunstgegenständen wieder ins Rathaus. Nachdem das Obertor restauriert war, wurde es 1906 als Museum fei-erlich wiedereröffnet.
Mit dem Museum auf dem Marktplatz hatte Neuss neben Krefeld und im Gegensatz zu vielen anderen umliegenden Städten einen eigenständigen Bau ausschließlich zum Zwecke musealer Präsentation. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges, 1945, wurde der Museumsbau zerstört. Die Bestände waren weitestgehend ausgelagert worden. Die Trümmer, die damals zerstört wurden, dienten zur Grund-lage für den heutigen Grünzug zwischen dem Clemens-Sels-Museum und der Alten Post. Unter diesem Grünzug ist das alte Museum noch heute begraben.
Schon kurz nach dem Krieg konnte das Obertor wieder sei-ner musealen Bestimmung übergeben werden. Im Rahmen der 900-Jahr-Feier zur Translatio der Gebeine des heiligen Quirinus wurde das Obertor als Museum mit einer Ausstel-lung zur Quirinusverehrung wiedereröffnet. 1975 schließlich wurde der Neubau von Harald Deilmann eingeweiht. Obertor und Neubau bilden seitdem den wesentlichen Bestandteil des Museums. Erst 1989 erhielt das Clemens-Sels-Museum mit Haus Rottels eine Dependance für die Stadthistorische Abteilung. Dies war zwingend erforderlich, da sich der Be¬stand des Museums enorm vergrößert hatte.
Die Errichtung des ersten Museumsgebäudes war durch die Stiftung von 250.000 Reichsmark von der Witwe Pauline Sels möglich geworden. Außerdem vermachte sie der Stadt die Sammlung ihres Mannes. Diese bestand zum einen aus römischen und mittelalterlichen Objekten, die in Neuss gefunden worden waren. Aber im wesentlichen umfaßte sie Sammelgebiete, die die Stadt aus Kostengründen bis dahin nicht hatte erwerben können: Gemälde altkölner und flandrischer Meister des 16. und 17. Jahrhunderts, mittelalterliches und neuzeitliches Kunstgewerbe des 16. - 18. Jahrhunderts, altdeutsche und venezianische Gläser, Keramik, Möbel, einen flandrischen Wandteppich, Porzellan und Münzen. Diese vielseitige Sammlung, die auf ein breitgefächertes kunst- und kulturgeschichtliches Interesse des Sammlers schließen läßt, bildete den Grundstock des Museums und prägt es bis heute.
Es ist gerade heute und nicht nur wegen der Jubiläen ein besonderes Anliegen, diese Sammlung, die 1912 zur Gründung und 1950 zur Wiedereröffnung des Museums die zentrale Rolle spielte, wieder einmal geschlossen zu präsentie-ren. Anknüpfend an diese Tradition muss heute, fast 50 Jahre später konstatiert werden, dass das Museum vor allem mit den Sammlungen zum französischen, holländischen und belgischen Symbolismus wie zur konzeptuellen Farbmalerei wieder neue Schwerpunkte eingerichtet hat. Leider können diese verschiedenen Gebiete auch trotz des Neubaus am Obertor von 1975 aus Raummangel nicht umfassend präsentiert werden.
Mit dem ersten Museumsleiter Dr. Wilhelm Ewald begann die städtisch beauftragte Sammelleidenschaft, die vor allem in der Wiederaufbauzeit nach dem Zweiten Weltkrieg durch Dr. Irmgard Feldhaus besonders gepflegt wurde. Ihrer klugen Ankaufspolitik verdankt das Haus seine in Deutschland einzigartige Sammlung der Symbolisten.
Die Ausstellung ist vom 21. November 1999 bis zum 9. Januar 2000 zu sehen.*