18.06.2007 - 17. Shakespeare Festival im Globe Neuss | Eine grandiose erste Halbzeit - mit Ausblick auf mehr
Neuss (PN/Fi). “Give fate a guiding hand to choose the role ...” Schicksalhaft klingen die Worte durch das Neusser Globe, bevor die Mitglieder der New Yorker Aquila Theatre Company mit ihren weinrot-samtenen Beuteln herumgehen und das Publikum entscheiden lassen, wer in der gleich folgenden Aufführung der Tragödie von Romeo and Juliet welche Rolle spielen soll.
Jeder der Akteure beherrscht jede Partie, und da die ganze Truppe aus gerade einmal sechs Personen besteht, sind aparte Doppel- und Mehrfachbesetzungen ebenso selbstverständlich wie ungewöhnlich: Enorme schauspielerische Wandlungsfähigkeit, Aufmerksamkeit und Selbstbeherrschung sind nötig, um trotz aller komödiantischen Elemente nie über die Stränge zu schlagen und die unausweichlich tragische Geschichte überzeugend zu Ende zu bringen. Der dröhnende Applaus des Publikums beweist, dass das Kunststück gelingt. Es ist Halbzeit beim diesjährigen Shakespeare Festival Neuss. Fünfzehn der bisherigen Vorstellungen waren restlos ausverkauft: Eine rasante, witzige Taming of the Shrew und eine turbulente Twelfth Night der Watermill Propeller Production aus Newbury; das blutrünstige "schottische Stück" (den Originaltitel darf man abergläubischen Theaterleuten nicht sagen) aus Bre¬men; ein mit sparsamsten Bühnenmitteln poetisch verzaubernder Sommernachtstraum des ungarischen Burgtheaters Gyula; die Semi-Oper King Arthur von John Dryden und Henry Purcell - und auch für die fünf Vorstellungen des Romeo and Juliette-Kaleidoskops gab es nur noch Standby-Tickets. Die Zuschauer kommen von weit her, wie ein Gang über die weitläufigen Parkplätze zeigt. Und auch das Education-Projekt, das tagsüber geboten wird, interessiert nicht nur Schulkassen aus der unmittelbaren Umgebung. Kein Wunder, denn in zahlreichen Übungen werden Shakespeares Sprache, der Umgang mit der Bühne des Globe, das Spiel zu drei Seiten und einzelne dramaturgische Aspekte der Stücke gemeinsam untersucht und praktisch umgesetzt (weitere Infos: education@shakespearefestival.de). Zur zweiten Festivalhälfte bringt die bremer shakespeare company drei Stücke mit ins Globe Neuss, davon zwei NRW Premieren. Am Dienstag, 19. Juni 2007, gibt das brillante Ensemble aus der Hansestadt "Das Wintermärchen", eine der späten Romanzen des Meisters. Dem folgt am 20. und 21. Juni "Ein Königreich für einen Ball", das der Regisseurs und Dribbelkünstler Jörg Steinberg nach Shakespeare arrangiert hat: "Eine verrückte Geschichte mit sehr vielen Anspielungen und Lachern. Wie schon beim Training am Weser Stadion waren die Darsteller immer für Überraschendes und Spektakuläres gut", meinte Thomas Schaaf, der sich als Trainer von Werder Bremen auf besten Fußball versteht. Am 22. Juni 2007 setzt das Bremer Ensemble dann mit Samuel Becketts Warten auf Godot einen surrealistisch absurden Kontrapunkt. Einen Sommernachtstraum für Klavier zu vier Händen und einen einzigen Schauspieler präsentieren Klaus Maria Brandauer und das GrauSchumacher Piano Duo am 26. Juni. Brandauer selbst schlüpft im Verlauf des Stücks mit der größten Selbstverständlichkeit in sämtliche Rollen, während Andreas Grau und Götz Schumacher mit Mendelssohns munterer Musik markante Akzente setzten. Klaus Maria Brandauer unterbricht für dieses - bereits ausverkaufte - Gastspiel seine aktuellen Filmaufnahmen, weil er Feuer und Flamme war, das einmalige Solo beim Shakespeare Festival vorzustellen. Aus Österreich kommt ein weiterer virtuoser Glanzpunkt: die Theaterachse Salzburg. Schon zum zweiten Mal bringen die Schauspieler Sämtliche Werke Shakespeares (leicht gekürzt) mit nach Neuss, und wieder geht es in einer tour de force und in Windeseile durch sämtliche 35 Stücke. Zum Abschluss des Festivals vom 28. bis 30. Juni heißt es dann noch einmal "Was ihr wollt". Das Potpourri aus Moralitäten, Liebesverwirrung, Hochmut, Ehrgeiz, Trunksucht und Verblendung ist in einer Inszenierung von Norbert Kentrup und Vanessa Schormann zu sehen, die bereits im vori¬gen Jahr mit ihrem erstklassigen Ensemble SHAKESPEARE und PARTNER in Neuss begeisterten. Nun gibt es eine Koproduktion, an der auch das Altonaer Theater Hamburg und der Theaterhof Priessenthal sowie als besonderer Star Martin Lüttge in der Rolle des Malvolio beteiligt sind. Karten gibt es bei der Tourist Information in Neuss und bei allen weiteren an das NRW Ticket System angeschlossenen Vorverkaufsstellen (Shakespeare Ticket Hotline 0180-5001812 14ct/Min). Eintrittskarten und das vollständige Programm gibt es auch unter www.shakespearefestival.de im Internet.
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