26.10.2007 - Podiumsdiskussion im Marienhaus zeigte: 'Anders sein wird als Bereicherung empfunden!' Integration ist mehr als persönliches Schicksal
Neuss (PN/kl). „Wie gelingt Integration?“ Diese Frage thema¬tisierte jetzt José Narciandi bei einer Podiumsdiskussion mit vier Migranten, die schon seit vielen Jahren in Neuss leben.
Die lebhafte und beeindruckende Veranstaltung, zu der rund 40 Gäste ins Marienhaus gekommen waren, eröffnete Müjdat Orhan als Vorsitzender des Integrationsrates der Stadt Neuss. Die Diskussion fand parallel zur Ausstellung 'Anders? - Cool!' statt, die bis einschließlich Samstag, 27. Oktober, im Rathausfoyer zu sehen ist. Zunächst stellten sich die Diskutanten vor. Emra Tas ist 25 Jahre alt und Studentin der Architektur. Sie spricht türkisch, deutsch und arabisch. In Neuss geboren, studierte sie Architektur und sucht derzeit einen Job als Architektin. Ihr Wunsch: Städtebau. Sie stellte bei der Diskussion die These auf, dass Integration als Anpassung missverstanden werde. Gleichzeitig räumte sie ein, dass sie sich in ihrer Nationalität als Türkin am wohlsten fühlt. Trotzdem weiß sie, dass alle drei Nationalitäten als Türkin, Deutsche und Araberin ihre Persönlichkeit ausmachen.Heinz Nanherro ist 18 Jahre alt und Schüler. Anderssein empfindet er als Bereicherung. Seine Familie kommt aus Angola. Als seine Mutter mit ihm schwanger war, fanden seine Eltern und seine Geschwister eine aufopfernde Hilfe und Begleitung durch eine Familie in der Nachbarschaft in Neuss. Schon vor der Geburt war klar, dass er den Vornamen des Nachbarn tragen soll, der sich so fürsorglich seit der Wohnsitznahme in Neuss um alle gekümmert hat. Mit Stolz berichtete Heinz, dass er Stipendiat eines nationalen Förderprogramms ist. Er engagiere sich gerne für alle! Die Freiwilligkeit und die 'ungeahnten Möglichkeiten' hätten ihn umtriebig werden lassen ... Ganz wichtig sind für Heinz Sprache, soziales Engagement und Kultur.Eine Lehre als Koch absolviert Viktor Widerspan, 22 Jahre alt, der vor vier Jahren aus Sibirien nach Neuss gekommen ist. In Kürze absolviert er seine Abschlussprüfung. Es war schon immer sein Berufswunsch, Koch zu werden. Mit den Worten 'Du kannst in Deutschland Geld verdienen, wenn du bereit bist, etwas zu schaffen', vermittelt er in beeindruckender Weise nicht nur ein Lebensgefühl, sondern auch unbegrenzte Leistungsbereitschaft. Das sei auch für ihn der qualitative Unterschied zwischen seinem Leben hier in Neuss und früher in Sibirien. Hasan Naber, 32 Jahre alt, ist in Marokko geboren und seit seinem 17. Lebensjahr in Neuss-Erfttal als Halbwaise aufgewachsen. Er studierte Ingenieurwesen berufsbegleitend bei Daimler-Benz in Düsseldorf. Als Moslem war er bei der KJG, was ihm immer viel Spaß gemacht habe. Mit dem Satz "Der Kopf ist deutsch. Das Herz marokkanisch" outet er sich. Er findet es toll, dass er - ebenso wie viele andere - hier so viele Möglichkeiten habe, sich zu verwirklichen. José Narciandi stellte dann die Frage, ob bei allen vieren die Anpassung gelungen sei? Dies wurde insgesamt bejaht und gesagt, dass alle sich von den Neusserinnen und Neussern anerkannt fühlen. Der Verlauf der Diskussion im Podium zeigte, dass Mehrsprachigkeit positiv gesehen und empfunden wird. Ebenso wichtig ist die Schulentwicklung. In der Schule wird der Boden für eine erfolgreiche Integration bereitet ...oder auch nicht. "Wenn du in der Grundschule gut bist, hast du Perspektiven. Bleibst du in der Hauptschule hängen, kannst du nur noch Hartz IV- oder Mindestlohn-Empfänger" werden, bringt es Hasan unter Beifall des Auditoriums auf den Punkt. Fazit des Abends: Die persönliche Entwicklungsanalyse von Emra, Heinz, Hasan und Viktor zeigt, dass Integration kein Zufall ist. Im Gegenteil: Für die Teilnehmer der Diskussion wie auch für alle Zuwanderer und die aufnehmende Gesellschaft ist Integration in gleichem Maße Herausforderung und Notwendigkeit, wobei die gleichberechtigte Teilhabe der Zuwanderer am wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Leben unter Respektierung der jeweiligen kulturellen Eigenart realisiert werden muss.
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