Grußwort zum Jahreswechsel 2008/2009
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
Börsencrash und Konjunktureinbruch. Die Nachrichten über die globale Finanzkrise reißen in diesen Tagen nicht ab und viele Menschen wettern über Banker und Kapitalmarktprofis, denen sie die Schuld an dieser Krise geben. Der Zusammenbruch großer Bankhäuser trägt zur Verunsicherung bei. Namen bekannter Unternehmen verschwinden vom Finanzmarkt. Doch die Menschen in Deutschland reagieren besonnen.
Der Kolumnist einer großen deutschen Sonntagszeitung weist zu recht darauf hin, dass die ausbleibende Panik ein Zeichen dafür ist, dass es in der Bevölkerung ein ziemlich großes Vertrauen in die Demokratie und in die Institutionen, aber auch in die Marktwirtschaft gebe. Dies sollte man bei der Betrachtung der derzeitigen Lage im Auge behalten. Wie aber sind wir hier vor Ort in Neuss aufgestellt? Welche Chancen haben wir und wo müssen wir handeln?
2008 war ein bewegtes Jahr mit einer Fülle positiver Entwicklungen. Die wichtigste vielleicht: Nach einer jahrzehntelangen Diskussion sehen wir einer Neuordnung des Hauptstraßenzuges entgegen. Die bauliche Umgestaltung der wichtigsten Neusser Einkaufsstraße hat lange auf sich warten lassen. Diskussionen über ein Ja oder Nein zur Straßenbahn haben die Entscheidung nicht unerheblich herausgezögert. Ich bin sicher, dass nach Fertigstellung im Frühjahr viele Menschen begeistert sind. Die Straßenbahn wird auf über 400 Metern eingleisig durch den Büchel fahren und mehr Platz für Passanten und Einkäufer lassen.
Gerne erinnere ich mich an die kontroversen Diskussionen um den autofreien Markt. Heute ist dieser Platz als urbaner Treffpunkt nicht mehr wegzudenken. Ähnlich wird es auch im Hauptstraßenzug sein. Die teilweise Fertigstellung zum Advent und die moderne Gestaltung und Beleuchtung lassen bereits erahnen, welch neue Atmosphäre dort nach der endgültigen Beendigung der Arbeiten entsteht. Die Verantwortlichen vom Projektleiter bis zum Pflasterer haben alles in ihrer Macht stehende getan, um den ambitionierten Zeitplan einzuhalten.
Ja, die Baustelle an sich war eine Attraktion. Nun, da die Bauzäune beiseite geräumt sind, müssen die Akteure der Innenstadt das schöne Instrument spielen. Die neu gegründete Neuss Marketing wird sie tatkräftig und ideenreich unterstützen. Dabei müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass sich das Einkaufsverhalten der Bürgerinnen und Bürger geändert hat. Auch ich bedaure, dass alt eingesessene Geschäfte nicht mehr existieren. Doch gerade für junge Leute gibt es in Neuss ein zunehmend attraktives Angebot, das durch den schnellen Wandel der Kollektionen bestimmt ist.
Die Innenstadt zu stärken und sie mit Leben zu füllen, ist ein wichtiges Ziel. Drei Beispiele: An der Krefelder Straße wächst das Bauverein-Projekt zum Marienkirchplatz und zur Bleichstraße hin in die Höhe. Es wird die Umgebung des Hauptbahnhofs deutlich aufwerten. Attraktiver innerstädtischer Wohnraum entsteht hier unmittelbar an der Neusser Haupteinkaufsmeile. Die ersten Mieter sind bereits eingezogen.
Auch die Menschen, die das neue gemeinsame Haus von VHS, Musikschule und Fernuniversität auf dem Areal des ehemaligen Omnibusbahnhofs einmal nutzen werden, stärken das Leben in der Innenstadt. Die Planungen dafür laufen auf Hochtouren. Dort sind wir auf dem richtigen Weg und erwarten bereits im Frühjahr den Baubeginn.
Und schließlich die Rennbahn. Nachdem die alten Anlagen und Tribünen abgerissen sind, können wir Anfang des neuen Jahres schon den Ersten Spatenstich für ein modernes Gebäude feiern. Auf dem Gelände wird der Pferdesport Zukunft haben. Aber durch die Umgestaltung in einen RennbahnPark erschließen wir das Gelände in erheblichem Maße zur Nutzung für Bürgerinnen und Bürger.
Der Mensch steht im Mittelpunkt. Deshalb muss die Wirtschaft auskömmliche Voraussetzungen vorfinden, damit Arbeitsplätze gesichert und neue geschaffen werden. 2008 konnten wir die Gewerbesteuer senken und die Position der Unternehmen in Neuss stärken.
Die Neuansiedlung des Jahres heißt sicherlich Fiege. Auf einer Größe von 22 Fußballfeldern ist ein Logistikzentrum entstanden, das überregionale Bedeutung hat. Immerhin 80 Millionen Euro wurden an dieser Stelle investiert. Neuss ist ein starker Standort für Logistiker. Diese Bedeutung soll weiter forciert werden. Ab Herbst nächsten Jahres bekommt Neuss wieder eine Hochschule. Mit der Gründung der privaten Hochschule für Logistik wird der Tatsache Rechnung getragen, dass die Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte ein wesentliches Kriterium für die Standortwahl von Unternehmen ist.
Nicht von ungefähr siedelt sich die neue Hochschule im Hafen an. Hier ist logistisches Denken zuhause. Und die Neuss-Düsseldorfer Häfen glänzen mit Rekordergebnissen: Im abgelaufenen Jahr betrug ihr Gesamtgüteraufkommen über 16 Millionen Tonnen. Die weltgrößte Containerschiffsreederei Maersk baut für 20 Millionen Euro ein eigenes Binnenland-Terminal. Bisher einmalig in Deutschland.
Selbst auf dem ehemaligen Areal von Case am Hafenbecken 1 kündigen sich Veränderungen an. Vor wenigen Wochen wurde das Grundstück für die Errichtung eines Distributionszentrums des Stahl-Konzerns Arcelor Mittal verkauft.
Wenn wir im globalen Konkurrenzkampf bestehen wollen, muss die Ausbildung unserer Kinder einen hohen Stellenwert einnehmen. Derzeit wird viel über konjunkturelle Investitionsprogramme geredet; mit Maßnahmen zur Sanierung von Schulen und Einrichtungen. Das aber geschieht in Neuss mit großem finanziellem Aufwand schon seit Jahren. Allein in den letzten großen Ferien wurden an Neusser Schulen 15,7 Millionen Euro verbaut; in den vergangen drei Jahren zusammen über 40 Millionen Euro. Eine gewaltige Summe, die richtig angelegt ist.
Alle Neusser Grundschulen haben inzwischen ein offenes Ganztagsangebot. Damit liegen wir in NRW im Spitzenbereich. Die Realschule Südstadt und das Alexander von Humboldt Gymnasium werden im nächsten Schuljahr in Ganztagsschulen umgewandelt. Und in dem sensiblen Bereich zwischen Kindergarten und Schulanfang macht Neuss mit Pilotprojekten von sich reden.
Seit zwei Jahren wird der städtische Haushalt nach dem System der kaufmännischen Buchführung erfasst. In diesem Jahr wurde die Eröffnungsbilanz aufgestellt, in der die Vermögensverhältnisse der Stadt dargestellt werden. Diese schließt in Neuss mit einer Summe von 1,47 Milliarden Euro ab. Mit 61 Prozent hat die Stadt eine überaus hohe Eigenkapitalquote, was auf eine große finanzielle Unabhängigkeit und Kreditwürdigkeit verweist. Der Haushalt ist ausgeglichen dank einer soliden Ausgabepolitik.
2008 war ein Jahr der Ereignisse: DeutschlandTour und Fußball-Europameisterschaft sind vielen Bürgern noch in lebhafter Erinnerung. Das kommende Jahr bringt ein Jubiläum, das für unsere Stadt von besonderer Bedeutung ist. Vor 800 Jahren legte Baumeister Wolbero den Grundstein für einen Kirchenbau, der am gesamten Niederrhein seinesgleichen sucht. Das Quirinus-Münster im Herzen unserer Stadt ist nicht nur Wahrzeichen, in seinem Schatten entwickelt sich auch Heimatgefühl. Das verbindet die hier Lebenden, egal wo immer sie geboren wurden. Dieses Heimatgefühl ist vielfach Motor für ehrenamtliches Engagement und die Übernahme von Verantwortung für unser Gemeinwesen. Diesen Menschen gilt mein besonderer Gruß und Dank.
Vor uns liegen schwierige Aufgaben, die wir mit Optimismus einer Lösung zuführen wollen. Die Voraussetzungen dafür sind gut. Von dem Physiker Georg Christoph Lichtenberg stammt der Satz: Man muss etwas Neues machen, um etwas Neues zu sehen! Das trifft in besonderem Maße auf die Weiterentwicklung unserer Stadt zu.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen ein gutes Jahr 2009.
Ihr
Herbert Napp
Bürgermeister