25.06.2009 - Exkursion nach Tongeren

Eine Delegation um die Neusser Stadtverord-neten Karl-Heinz Baum, Roland Kehl und Hartmut Rohmer reiste jetzt nach Tongeren.

Hintergrund sind die an der Brückstraße in Neuss geplanten archäologischen Konservierungsarbeiten. Die Erkenntnisse der ältesten Stadt Belgiens im Umgang mit ihren reichhaltigen archäologischen Zeugnissen sollen demnächst auch den Neussern helfen. Begleitet wurden die Stadtverordneten von den Archäologen Dr. Carl Pause, Sabine Sauer und Dr. Karin Striewe.

Unter der sachkundigen Führung der Stadtarchäologin von Tongeren und eines Mitarbeiters der Touristeninformation besuchte die Gruppe die Grabungsfläche unter der Liebfrauenbasilika, dem unübersehbaren Wahrzeichen von Tongeren besucht. Die gotische Basilika, die auf einer römischen Siedlung gebaut wurde, wird seit über zehn Jahren archäologisch untersucht. Anlass war der Einbau einer neuen Fußbodenheizung; aber bereits zu Beginn der archäologischen Untersuchung entschied sich die Stadt Tongeren in Zusammenarbeit mit der Kirche und der Provinz Limburg das gesamte Kirchenschiff bis zu Unterkante der römischen und mittelalterlichen Vorgängerbauten zu untersuchen und die archäologischen Funde, darunter ein römisches Stadthaus mit Hypokaustanlage und die romanischen Turmfundamente unterirdisch für Besucher zu erschließen.

Die statische Sicherung dieses Projektes ist mittlerweile abgeschlossen. Dazu mussten die archäologischen Befunde in einem aufwendigen, neu entwickelten Verfahren injiziert werden. Die Erschließung der Grabungsfläche mittels Stegen und Plattformen befindet sich zu Zeit in Arbeit. Zur neuen archäologischen Zone, die über eine Treppe in der Schatzkammer der Basilika erschlossen wird, soll künftig auch der auf dem benachbarten Frjithof  zurzeit noch offen präsentierte römische Stadtmauerturm des 4. Jahrhunderts gehören. Der Turm, der im Moment noch unterhalb der Platzfläche über Treppen frei zugänglich ist, hat durch Witterungseinflüsse und das Beklettern der Mauerkrone stark an der Substanz gelitten und soll nun zum Winter überdacht werden.

Er wird künftig nur noch unterirdisch über die archäologische Zone erreichbar sein. An der Westseite von Tongeren ist auf einer Strecke von mehreren hundert Metern  eine römische Stadtmauer des 2. Jahrhunderts erhalten. Sie besteht, wie die meisten historischen Bauwerke aus Silexquadern. Auch dieses relativ feste Mauerwerk muss regelmäßig saniert werden und erfordert von Tongeren und der Provinz Limburg  große finanzielle Anstrengungen. Zur Sicherung der Mauerkronen wurde ein besonderes Verfah-ren entwickelt. Nach Sanierung der einzelnen Mauerabschnitte werden die Mauerkronen mit einem organischen Vlies überspannt. Im Vlies befinden sich Nährstoffe und die Sämlinge einer Primärvegetation, die sich auf den Mauer ausbreiten soll.

Unweit des ehemaligen westlichen, römischen Stadttores, aber außerhalb des heutigen Stadtzentrums wurde die via romana, ein kleiner archäologischer Park angelegt. Hier sind neben römischen Belagerungsmaschinen, der Querschnitt der römischen Straße in einer Rekonstruktion und ein mehr als 50qm umfassendes Stadtmodell der römischen Siedlung zu sehen.

Später wurde dann das erst kürzlich wieder neu eröffnete Gallo Romeins Museum östlich der Liebfrauenbasilika besichtigt. Bei der Erweiterung  des Museumsgebäudes wurde auch das östli-che Umfeld der Basilika neu geordnet, so dass die Kirche nun erstmals seit Jahrhunderten wieder ganz umgangen werden kann. Bei der neuen Platzgestaltung wurde der ortstypische Silex als Kleinpflaster verwendet. Der Museumsanbau, ein Prestigeobjekt der Provinz Limburg hat circa 19 Millionen Euro gekostet und zeigt in neuer Präsentation archäologische Funde und Lebensumstände aus der Zeit vom Neandertaler bis zu den Römern.  
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