30.04.2010 - Zusam – Ausstellung mit niederländischen Künstlerinnen in der Alten Post

Neuss (PN/Fi). In einer Ausstellung unter dem Titel „Zusam“ werden ab Sonntag, 2. Mai 2010, in der Alten Post Werke von Linda Arts, Ingrid Simons und Alexandra Roozen präsentiert.

Die drei niederländischen Künstlerinnen zeigen vorwiegend graphische Arbeiten. Die individuelle, klare Bildsprache macht ihre jeweils eigenständige Position gut lesbar. Die Ausstellung begründet einen Austausch zwischen dem Grafisch Atelier Daglicht Eindhoven und der Alten Post in Neuss. Erstmals werden bei einer Ausstellung des Vereins der Freunde und Förderer des Kulturforums Künstlerinnen aus den Niederlanden präsentiert. Den Kontakt stellte die Vorsitzende des Fördervereins, Hildegard Monßen über den niederländischen Künstler Bert Loerakker her, der das Grafisch Atelier Daglicht  leitet und die Ausstellung kuratiert hat. Er hat drei Künstlerinnen nach Neuss geholt, die zwar grafisch arbeiten, übliche Grenzen aber auch überschreiten, so Loerakker.
Die Ausstellungseröffnung ist am Sonntag um 11.30 Uhr. Dort wird Saskia van der Weil, Konservatorin am Museum van Bommel van Dam, sprechen. Schirmherr der bis zum 3. Juni 2010 zu sehenden Ausstellung ist Bürgermeister Herbert Napp.

Linda Arts
Die Arbeiten von Linda Arts (Nijmegen, 1971) erscheinen sehr übersichtlich. Auf Holz gemalt oder auf Papier gedruckt setzt sich ein Bild aus geometrischen Flächen zusammen, in denen schmale Bahnen in allen Schattierungen zwischen Schwarz und Weiß platziert sind. Durch den allmählichen Übergang von Hell nach Dunkel entsteht optische Tiefe. Auf einigen Bildern sind über diese Bildbasis horizontale, vertikale oder diagonale Raster in Grautönen oder einer einzigen Farbe gelegt. Die sparsam eingesetzten Mittel lenken die Aufmerksamkeit auf die Wahrnehmung, oder besser: auf deren Problematik. Beim Betrachten der Bilder springt das Auge unruhig hin und her. Die starke Tiefenwirkung lenkt das Auge in eine bestimmte Richtung, die an Stellen, an denen Hell und Dunkel aufeinander stoßen, ebenso plötzlich endet. Bei Farbbahnen aus glänzendem Lack oder irisierender Tinte entsteht eine Spiegelung, die sich mit jeder Bewegung des Betrachters verändert und die Sicht behindert. Die sachliche, beinahe industrielle Ausstrahlung, die das Werk im ersten Augenschein hat, verschwindet völlig, wenn man es aus der Nähe betrachtet. Die Farbbahnen sind mit lockerer Hand gemalt und die Grautöne nach Gefühl gemischt. Kleine Unvollkommenheiten, wie eine etwas ausgefranste Trennung zwischen zwei Farbflächen oder die Maserung der Triplexplatten, durchbrechen das Muster und entschärfen das Ganze. Was so einfach begreifbar erschien, ist es bei näherer Betrachtung ganz und gar nicht. Die Arbeiten sind voller Widersprüche, sodass es beinahe unmöglich ist, sich ein Gesamtbild zu verschaffen und wirklich Einsicht zu erlangen. Das Werk verlangt aufmerksames und konzentriertes Betrachten, das nur eine Schlussfolgerung erlaubt: Wahrnehmung hat wenig mit Rationalität zu tun.

Alexandra Roozen
Zahllose kleine, fast identische Elemente sind gleichmäßig über eine Fläche verteilt. Gemeinsam ergeben die Elemente ein vibrierendes, sich beinahe bewegendes Bild. Das Bild könnte sich außerhalb seines Rahmens weiter ausstrecken, als wäre es Ausschnitt eines viel größeren Ganzen. Auf den ersten Blick erscheint das Werk sehr strikt organisiert, beinahe maschinell produziert. Bei näherer Betrachtung erweist sich das nur teilweise als richtig. Das Werk ist repetitiv, aber es besteht aus mehr als nur einer vorab bedachten Wiederholung bestimmter Bewegungen. Es ist Handwerk mit Raum für Variation und Nuance.  Andrea Roozen (Purmerend, 1971), ursprünglich Zeichnerin, benutzt in den ausgestellten Werken eine Bohrmaschine als Hilfsmittel. Mit dem Bohrkopf bearbeitet sie die Druckplatte in horizontalen Linien oder perforiert sie eine Kunststoffplatte. Letztere wird anschließend in noch flüssiges Gummi gedrückt, wodurch ein Relief entsteht, das positive und negative Formen umgekehrt wiedergibt. Die ausgestellten Arbeiten kann man als Grafiken bezeichnen, auch wenn sie kaum noch als solche zu erkennen sind. Roozen experimentiert mit Technik. Sie sucht nach extremen und neuen Möglichkeiten, nach Formen, die ausschließlich mit dieser Technik und diesem Material so haben entstehen können. Elemente wie Farbe und Komposition, die vom Dreieck Technik - Material - Form ablenken, entfallen. Das Ergebnis lässt den Betrachter über den Produktionsprozess spekulieren. Es verführt dazu, noch einmal genauer hinzusehen, die vorhandenen Elemente vollständig in sich aufzunehmen und den Versuch zu machen, diese zu ergründen. Doch selbst wenn der Code entschlüsselt wird, bleibt die Überraschung, dass derart beschränkte Mittel und offenbar einfache Prinzipien zu einem so lebendigen und spielerischen Resultat führen können.

Ingrid Simons
Ingrid Simons (Eindhoven, 1976) malt in lockerem, expressivem Stil. In den vergangenen Jahren bildet Landschaft ihren Ausgangspunkt. In einem Teil ihrer Arbeiten sind die landschaftlichen Elemente deutlich zu erkennen, aber ebenso häufig stehen die breiten Farbstreifen für sich selbst und widersprechen jeglichem Ansatz von Perspektive. Der Moment, in dem Farbe beginnt, ein Bild zu formen, reizt sie. Sie versucht, den Übergang von Abstraktion zum Figürlichen und die Grauzone dazwischen in ihren Arbeiten einzufangen. Die Farbe bekommt Raum, läuft hier und da frei über die Leinwand und so entstehen neue Bilder und unerwartete Auflösungen. Sie erschafft eine Landschaft und verändert sie, bis eine neue Konstellation entstanden ist, die nur noch schwer mit der Wirklichkeit in Verbindung zu bringen ist. Simons beschränkt sich auf wenige Farben. Viele ihrer Bilder sind schwarz-weiß. Dadurch entfernen sie sich von vornherein von der Wirklichkeit. Sie erhalten dadurch auch eine sachliche, etwas kühle Ausstrahlung. Wo Farben benutzt werden, wird das Ganze sofort angenehmer und zugänglicher. Farbe mildert und bringt die Erfahrungswelt näher. Die Farbe Schwarz sorgt für eine Schwere und Bedeutung in den Bildern und wird ausgiebig benutzt. Die Landschaften, die sie kreiert, haben hochromantischen Charakter. Sie setzen sich aus Nadelbäumen, Waldlichtungen, Bergkämmen und verlassenen Häusern zusammen. Es sind Nocturnes, Stücke, die die Nacht besingen, mit Mondlicht und dunklen Schatten. Die Verlassenheit und die Leere, die aus den Bildern sprechen, sind ergreifend. Die Landschaften gleichen zwar nicht den heimischen, doch sie sind für jeden erkennbar. Vielleicht sind es Fantasielandschaften, Bilder von Ängsten, Hirngespinste. Als Betrachter kann man endlos darin wandeln, auf der Suche nach Klarheit und Zusammenhang.
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