26.10.2010 - ‚Facelifting’ für Bauernkirmes
Neuss (PN/Sev). Dank der finanziellen Unterstützung von RWE Rheinland Westfalen Netz AG konnte das Bild „Die Bauernkirmes“ nach Pieter Brueghel dem Jüngeren restauriert werden.
Es wird ab sofort wieder im Neusser Clemens-Sels-Museum der Öffentlichkeit präsentiert. „Das Gemälde wurde einer Art ‚Facelifting’ unterzogen, es war in seiner Substanz gefährdet“ – so beschreibt die Diplom-Restauratorin Dr. Hiltrud Schinzel das, was mit einem der wichtigsten Kunstwerke der Clemens Sels’schen Sammlung vom Mai bis Oktober dieses Jahres passierte. „Es ist wirklich schön, dass wir mithelfen konnten, einen der Publikumsmagneten des Museums interessierten Kunstfreunden wieder in seiner farblichen Pracht zu präsentieren“, freut sich Manfred Hausmann, Kommunalbetreuer von RWE Rheinland Westfalen Netz AG.
An dem Bild hatte sich im oberen Bereich die Farbschicht blasenartig aufgeworfen. Teilweise hatten sich auch ganze Farbschollen abgehoben. „Dies hing wohl damit zusammen, dass sich besonders der obere Teil der Holzbretter, auf denen die Farben aufgetragen wurden, aufgrund von Klimaschwankungen verändert hatte“, erklärt der Stellvertretende Leiter des Museums Dr. Thomas Ludewig. Die sich abhebenden Farbschichten wurden gesichert und wieder mit dem Maluntergrund verbunden. Auch die Restaurierung war etwas Besonderes. So wirft das Bild einige Rätsel auf. „In der Mitte des Bildes befindet sich eine graue Schicht und teilweise sind die Flächen qualitativ vollkommen unterschiedlich ausgefüllt“, erzählt Schinzel. Genaueres kann sie darüber nicht sagen. Eine Infrarotuntersuchung könnte etwas mehr Aufschluss geben.
Bei dem Gemälde „Die Bauernkirmes“ handelt es sich um eines der wichtigsten und faszinierendsten Werke in der Kunstsammlung des Neusser Clemens-Sels-Museums: „Es sorgt stets für viele Aaahs und Oohs bei den Besuchern“, weiß Kulturdezernentin Dr. Christiane Zangs zu berichten. Es ist aber auch ein kunst- und kulturgeschichtlich bedeutsames Werk, zumal es das einzig erhaltene Bild ist, das an die Qualität des 1616 zuerst in der Brueghel’schen Werkstatt entstandenen Bildes von der Bauernkirmes heranreicht. Das erste Bild von 1616, das bis 1938 in der ehemaligen Gemäldegalerie Augsburg vorhanden war, ist inzwischen verschollen. Es gibt zwar noch drei weitere Gemälde mit dem Motiv der Bauernkirmes, jedoch fällt ihre Qualität deutlich ab und einige wichtige Details fehlen auf diesen ebenfalls – im Gegensatz zu dem in Neuss befindlichen Bild. Damit können diese in jedem Fall nicht aus der Brueghel’schen Werkstatt stammen. Damit hat Neuss einen besonderen Kunstschatz. Das Motiv geht zurück auf einen Kupferstich, den Hans Sebald Beham 1539 schuf. Entsprechend der Vorlage zeigt das Werk nicht nur das übliche Kirmestreiben in der Frühen Neuzeit. Es enthält auch Szenen, die mit Humor und erhobenem Zeigefinger auf das unmoralische und sündhafte Verhalten der Menschen hinweisen. So stehen zum Beispiel die Schankwirtschaft und die schmusenden Paare für Kuppelei und Unkeuschheit. Die Tafel mit dem Schinken sowie der sich erbrechende Mann für die Sünde der Völlerei.
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