07.03.14 - Tag der Archive
Von Anfang an dabei – Frauen im Schützenwesen
Unter dem Motto „Frauen - Männer - Macht" steht in diesem Jahr der alle zwei Jahre vom Verband Deutscher Archiviare ausgetragene "Tag der Archive". Daran beteiligt sich auch das Joseph-Lange-Schützenarchiv im Rheinischen Schützenmuseum Neuss. Es werden neben zahlreichen bislang nicht veröffentlichten Fotos und privaten Fotoalben, auch eine große Palette an historischen Dokumenten wie Gästebüchern und Protokollen, die sich mit der Rolle der Frauen im Neusser Schützenwesen befassen, ausgestellt. In einer Studioausstellung werden neben Schmuck auch eine Reihe von kostbaren Ballkleidern aus dem Bestand des Schützenmuseums zu sehen sein, welche die Entwicklung der Damenmode von den 1950er Jahren bis heute demonstriert.
Am Samstag, den 8. März und Sonntag, den 9. März 2014 wird Archivleiter Dr. Christian Frommert von 13 bis 17 Uhr durch die Ausstellung führen, Fragen der Besucher beantworten und für persönliche Gespräche und Diskussionen zur Verfügung stehen. Ein kleiner Bücherflohmarkt mit Literatur zum Schützenwesen ergänzt das Angebot.
Da das Schützenwesen gemeinhin als „männliche Domäne“ wahrgenommen worden ist, ist es an der Zeit, die Rolle der Frauen im modernen Schützenwesen seit dem 19. Jahrhundert vorzustellen.
Frauen waren von Anfang an nicht nur als passive Zuschauerinnen der Schießwettbewerbe und Paraden dabei. Eines der frühesten im Schützenarchiv vorhandenen Dokumente zum Neusser Schützenfest – eine Ansprache in Reimform aus dem Jahre 1830 – enthält eine lange Huldigung nicht nur an den Schützenkönig, sondern auch an das Königspaar. Diese Rede und zahlreiche Berichte aus der Frühzeit des modernen Schützenfestes zeigen, dass nicht nur die Königin, sondern auch so genannte „Ehrenjungfrauen“ und ein weiblicher „Hofstaat“ in die Zeremonien des Festes eingebunden waren. Für ihr Auftreten auf den Bällen wurden den beteiligten Damen (und Herren) in den Stauten des Bürger-Schützenvereins genaue Verhaltensmaßregeln gegeben, die den damaligen Vorstellungen von „Sitte und Anstand“ entsprachen. Mit der aktiven Rolle der Damen hatten Frauen also die Möglichkeit, sich mit dem Schützenwesen zu identifizieren.
Doch die Rolle der Frauen veränderte sich im Laufe der Zeit. Es ist heute kaum noch bekannt, dass Frauen während der Schützenfeste vor dem Ersten Weltkrieg einen eigenen Schießwettbewerb ausgetragen haben. So heißt es zum Beispiel in der „Neußer Zeitung“ vom 29. August 1894: „Mehrere Preisvögel wurden geschossen, unter anderem auch ein Damenpreisvogel. Den Kopf holte Fräulein R. Müller, den rechten Flügel und den Schweif Fräulein Th. Bloser und den linken Flügel Fräulein Floeren herunter. Der Rumpf fiel einem Kernschuß des Sohnes des Herrn Landraths Frhrn. von Schorlemer zum Opfer.“ Im Jahr zuvor 1893 wurden zwei Damen sogar Königsorden für ihre Leistungen beim Schießen verliehen! Im Übrigen waren „Damenschießen“ zu dieser Zeit nichts Ungewöhnliches, denn auch die alte „Gesellschaft Schützenlust“ veranstaltete bis 1914 bei ihren Schießwettbewerben stets „Damenpreisschießen“. Ob dies auch in anderen Korps üblich war, wissen wir nicht, da uns hierüber keine Quellen vorliegen.
Mittlerweile hat sich die Rolle der Frauen im Schützenwesen geändert. In vielen Städten und Gemeinden gibt es weibliche Kompanien und Züge, und eine Schützenkönigin ist zum Beispiel in Neuss-Erfttal oder Mönchengladbach nichts Besonderes mehr.