25.08.2014 - Hilfen zur Erziehung
Mehr Beratung, mehr Familien und höherer Finanzbedarf...
...„Junge Menschen sollen eine Möglichkeit ha-ben, sich zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten zu entwickeln und haben ein Recht auf Förderung ihrer Entwicklung und auf Erziehung“ (§ 1 SGB VIII Recht auf Erziehung, Elternverantwortung, Jugendhilfe)
Es ist Auftrag des Jugendamts, das Wohl von Kindern und Jugendlichen zu schützen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendamts gehen daher allen Hinweisen nach, wenn ein Kind in Gefahr sein könnte. Sie suchen dazu den Kontakt zu der betroffenen Familie, um gemeinsam mit ihr Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln. Dabei arbeiten sie eng mit anderen Institutionen wie mit Kindertagesstätten, Schulen, Ärzten und der Polizei zusammen. Im Mittelpunkt steht immer die Frage: Was muss sich ändern, damit das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen wieder geschützt ist? Im äußersten Fall muss das Jugendamt Kinder in Obhut nehmen und für eine kurze Zeit unterbringen, um ihr Wohlergehen sicherzustellen. Die Kinder kehren wieder in die Familie zurück, wenn in solch einer schwierigen und belastenden Situation die Eltern bereit sind, Hilfe anzunehmen und dadurch das Kindeswohl wieder geschützt ist. Nehmen die Eltern keine Hilfe an oder ist trotz Hilfe das Wohl der Kinder auf Dauer gefährdet, entscheidet das Familiengericht über das Sorgerecht für die Kinder.
Ebenso ist das Jugendamt oft beratend und unterstützend in Familien tätig. Auch hieraus entstehen immer wieder Situationen, die im Zusammenwirken mit sorgeberechtigten Eltern, ambulante oder stationäre Hilfen zur Erziehung notwendig machen. Ziel ist auch hier immer sowohl die Sicherstellung des Kindeswohls aber auch, möglichst durch Einsatz von Hilfen, auf Dauer ein Zusammenleben aller Familienmitglieder zu ermöglichen. „Dieser Aufgabenbereich hat nicht nur eine sehr hohe Bedeutung für die Betroffenen“ betont Beigeordneter Stefan Hahn, „sondern auch für die Stadt bei ihrem Ziel, positive Lebensbedingungen für Kinder und Jugendliche zu schaffen. Kinder und Jugendliche müssen Chancen erhalten für ein gelingendes Aufwachsen und zur Führung eines eigenverantwortlichen Lebens. Sie müssen in die Lage versetzt werden Ihren eigenen Lebensunterhalt sicher zu stellen und eigene Kinder zu erziehen. Allerdings bedeutet dies auch einen stetig hohen Finanzbedarf für diesen Aufgabenbereich. Daher werden die Hilfen im Jugendamt professionell geplant, gesteuert und evaluiert.“ Im letzten Jahr wurden für Hilfen zur Erziehung rund 16,7 Millionen Euro ausgegeben. Für dieses Jahr werden rund 18,5 Millionen Euro erwartet. Vor einigen Jahren wurde ein wissenschaftlich begleitetes Benchmarking für die Hilfen zur Erziehung mit dem consens-Vergleichsring gestartet. Dieser fördert nicht nur einen fachlichen Austausch, sondern auch konkrete Vergleichsdaten zwischen den teilnehmenden Jugendämtern untereinander und im Jahresvergleich.
Leider führen soziale, wirtschaftliche und auch gesundheitliche Probleme in vielen Familien zu Beziehungs- und Erziehungsproblemen, sieht Jugendamtsleiter Markus Hübner Gründe für die steigenden Zahlen: „Durch die gesetzlichen Verschärfungen im Kinderschutz ist die Wahrnehmung der Öffentlichkeit und der vielen Institutionen, wie Schulen und Kitas, aber auch von Ärzten und Geburtskliniken, geschärft worden, sodass das Jugendamt viel öfter kontaktiert wird und das Beratungsaufkommen steigt.“ Zum Stichtag 30. April 2014 lag die Fallzahl für Hilfen zur Erziehung bei insgesamt 606 Fällen, davon 313 stationäre und 293 ambulante. Der Anstieg der Fallzahlen ist nur begrenzt durch die Jugendhilfe steuerbar. Viele äußere Faktoren wie Arbeitslosigkeit, Hartz IV-Bezug oder familiäre Krisen sind nicht beeinflussbar. Qualität und Dauer der Hilfen können teilweise durch Steuerungsmaßnahmen des Jugendamtes beeinflusst werden. Den Hilfen zur Erziehung in Neuss liegt seit Jahren ein fundiertes Fachkonzept mit starker Ressourcenorientierung zugrunde. Ursula Gondorf, zuständige Abteilungsleiterin im Jugendamt nennt als Ursachen für Hilfen zur Erziehung beispielsweise „junge überforderte Familien mit oftmals vielen Kindern sowie immer häufiger psychisch kranke Eltern oder Kinder und Jugendliche mit massiven Verhaltensauffälligkeiten“.
„Neuss hat trotz stark steigender Fallzahlen im Vergleich zu vielen anderen Großstädten pro Einwohner unter 21 Jahren günstigere Fallzahlen und unterdurchschnittliche Ausgaben“ hebt Jugend- und Sozialdezernent Stefan Hahn hervor. „Die guten Ergebnisse führen jedoch nicht dazu, dass man sich ausruhen kann.“ Auch Jugendamtsleiter Markus Hübner sieht trotz der vielen guten Aktivitäten weitere Potenziale. So würde im Jugendamt die Einarbeitung und Qualifizierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiter forciert und die Ressourcenorientierung im Sinne des sparsamen und wirkungsorientierten Einsatzes von öffentlichen Mitteln weiter ausgebaut.
*