07.12.2017 - Magie – Gerüchte – Machtkampf
Stadtarchiv präsentiert eine wissenschaftliche Studie zur Hexenverfolgung in Neuss
Mit dem Band „Magie –Gerüchte – Machtkampf“ präsentiert das Stadtarchiv eine wissenschaftliche Studie zur Hexenverfolgung in Neuss, erarbeitet von der Neusser Historikerin Alexandra Kohlhöfer. „Es ist ein ganz besonderes Geschenk, das ein Thema behandelt, was bisher in Segmenten und jetzt noch einmal grundlegend erarbeitet wurde“, sagt Kulturdezernentin Dr. Christiane Zangs.
Der Glaube an Magie, Schadenszauber und Teufelspakte war in der Gedankenwelt der Menschen in der Frühen Neuzeit tief verwurzelt. Tausende Frauen und Männer wurden von ihren Mitmenschen der Zauberei beschuldigt, gefoltert, verurteilt und hingerichtet. Das Interesse der Öffentlichkeit, Ursachen, Verlauf und Mechanismen hinter diesen Verfolgungen zu ergründen, ist auch heute noch ungebrochen. Nach einem Antrag auf Rehabilitierung der Opfer hat sich seit 2012 auch Politik und Öffentlichkeit in Neuss intensiv mit dem Thema beschäftigt. Der Kulturausschuss beschloss eine „lückenlose historische Aufarbeitung der Hexenverfolgung in Neuss“. Diese wird nun vom Stadtarchiv als Band 20 der Schriftenreihe vorgelegt. Die Vorstellung ihres Buches geschieht – so der Kulturausschuss in seiner Sitzung vom Oktober 2017 „im Gedenken an die Opfer“.
Die Stadt Neuss blieb zwar von den großen Verfolgungswellen des 16. und 17. Jahrhunderts verschont, gleichwohl lassen sich anhand der Quellen einige Fälle der Hexenverfolgung nachweisen. Im Stadtarchiv Neuss sind die Prozesse gegen Hester Meurer, geb. Jonas, und Catharina Halffmans sehr gut überliefert. „Das Thema zeigt, wie Gerüchte schnell dazu führen können, verurteilt zu werden“, sagt Archivleiter Dr. Jens Metzdorf. Erstmals werden die beiden Fälle Kontext einer Gesamtdarstellung der Geschichte der Hexenverfolgung in Neuss analysiert.
Dabei untersucht Alexandra Kohlhöfer die Verfolgung von Hester Meurer vor allem als exemplarischen Fall hinsichtlich der sozialen Ursachen, der rechtlichen Rahmenbedingungen und des Prozessverlaufs. Am Prozess gegen Catharina Halffmans wird dagegen die politische Instrumentalisierung des Prozesses im Machtkampf um die Ausübung der Blutgerichtsbarkeit zwischen der selbstbewussten Stadt Neuss und ihrem kurkölnischen Landesherren verdeutlicht.
Der Band „Magie – Gerüchte – Machtkampf” schließt damit eine Lücke in der Neusser Geschichtsschreibung zur vormodernen Ausgrenzung und Verfolgung von städtischen Minderheiten. Mit der Edition eines großen Teils der Prozessdokumente im Anhang, werden diese anschaulichen Quellen zur Hexenverfolgung in Neuss erstmals der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Erhältlich ist der Band ab Donnerstag, 7. Dezember 2017, zum Preis von 16,80 Euro im Stadtarchiv, der Tourist Information und den Neusser Buchhandlungen. Zur Verfügung gestellt wird der Band außerdem allen weiterführenden Schulen in Neuss. „Denunziation, Rufmord und Ausgrenzung sind hochaktuelle Themen. Es ist wichtig, dass Schüler sich damit auseinandersetzen“, so Dr. Zangs. Alle Quellen und eine digitale Gedenktafel sind auf www.stadtarchiv-neuss.de einsehbar.*