26.07.2019 - Süßkram - Naschen in Neuss
Neue Ausstellung im Clemens Sels Museum Neuss
Die neue Ausstellung im Clemens Sels Museum Neuss lädt ein zu einer Entdeckungsreise durch die Welt des süßen Geschmacks von den Römern bis in die Gegenwart. „Süßkram – Naschen in Neuss“ zeigt, wie viel Geschichte letztlich in einem einzigen Stück Schokolade oder einem kleinen Bonbon steckt. „Die lokale Anbindung war uns dabei sehr wichtig. Gerade Neuss ist ein besonderer Standort der Süßwarenproduktion“, betont die Museumsleiterin Dr. Uta Husmeier-Schirlitz. Die Eröffnung ist am Sonntag, 28. Juli 2019, um 11.30 Uhr.
Gesüßte Speisen waren im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit etwas sehr Seltenes. Und ohne die Römer hätte es sogar noch weniger süßen Sachen am Niederrhein gegeben: Denn sie machten vor fast 2000 Jahren den Obstanbau in der Region bekannt. Die von ihnen hier erstmals angebauten Äpfel, Pflaumen oder Trauben konnten zu Gelee gekocht und zum Süßen von Speisen verwendet werden.
Im Hochmittelalter brachten dann Kaufleute Rohrzucker aus dem Orient nach Europa. Einfacher Zucker war zu dieser Zeit ein Luxusgut, das sich nur wenige Reiche leisten konnte. Aber wer es sich leisten konnte, aß kandierte Früchte und Nüsse als „Confect“ zum Abschluss eines opulenten Festmahls. Die Übrigen mussten sich mit dem begnügen, was es vor der Haustür an Süßem gab: Dazu zählte neben dem Obst – frisch, getrocknet oder zu Sirup verarbeitet – vor allem Honig. Anfang des 19. Jahrhunderts setzte jedoch eine wahre Geschmacksexplosion ein! Mit dem Ende der Napoleonischen Zeit und dem Beginn der Industrialisierung wurde der Zucker immer billiger. Überall im Rheinland entstanden nun Konditoreien, zu deren Spezialitäten vor allem Torten gehörten, so auch in Neuss. 1826 eröffnete hier Carl Herkenrath eine Konditorei, in der er seinen Kunden „Bisquit-, San-, Orangen-, Citron-, Wiener-, Schweizer- und Punsch-Torten aller Art“ anbot.
„Durch den Anbau der neu gezüchteten Zuckerrübe wurde Zucker ab der Mitte des 19. Jahrhunderts zu einem Produkt, das sich immer mehr Menschen leisten konnten“, erklärt der Kurator und Archäologe Dr. Carl Pause. Von Bonbons über die Milchschokolade bis hin zum Eis strömten viele neue Süßigkeiten auf den Markt und ermöglichten den Kunden vielfältige Entdeckungen in einem geschmacklichen Neuland. Ob in der eigenen Küche oder in den städtischen Konditoreien und Cafés: Torten, Kuchen und Gebäck wie Lebkuchen und Printen waren nun für jeden erschwinglich und führten zu einer „Demokratisierung“ des süßen Geschmacks.
Am Niederrhein, einem der Hauptanbaugebiete der Zuckerrübe, siedelten sich bald große Süßwarenfirmen an. Neuss wurde dabei zu einem Zentrum der rheinischen Süßwarenindustrie mit zahlreichen namhaften Produzenten. Zu ihnen gehörte die 1881 gegründete „Zuckerwarenfabrik Otto Mayser“, die vor allem Bonbons und Lutscher herstellte. Internationale Bedeutung erreichte der Kakao- und Schokoladenhersteller Novesia. 1860 von dem Apotheker Peter Ferdinand Feldhaus gegründet, erlebte die Schokoladenfabrik in ihrer 120-jährigen Geschichte ihre Blütezeit in den 1960er Jahren. Zu ihren bekanntesten Produkten gehörte die „Novesia Goldnuss-Schokolade“ mit garantiert 27 ganzen Haselnüssen.
Die Ausstellung ist Teil des Themenjahrs „NEULAND – Terra incognita“ der im Kulturgeschichtlichen Museumsnetzwerk Rhein-Maas zusammengeschlossenen Museen, Vereine und Archive.
Es wird außerdem ein umfangreiches Begleitprogramm geboten: unter anderem der Workshop „Lutscher selbst machen“ während der Kulturnacht am Samstag, 28. September 2019; ein Schokoladentasting in der Volkshochschule im Romaneum am 11. Oktober 2019, sowie ein kombinierter Kunst- und Kochgenuss am Donnerstag, 10. Oktober 2019, im Clemens Sels Musuem Neuss.