Neue Stolpersteine
In Neuss sind bereits 100 dieser Steine an 41 Standorten zu finden
Neun neue Stolpersteine im Stadtgebiet erinnern seit Dienstag, 6. Dezember 2022, an die Opfer des Nationalsozialismus. Die Messingsteine sind in den Boden auf dem Gehweg eingelassen und sollen helfen, die Geschichte der Menschen sichtbar zu machen, die verfolgt, ermordet, deportiert oder vertrieben wurden.
In Neuss sind bereits 100 dieser Steine an 41 Standorten zu finden - überall dort, wo die Opfer einst gewohnt haben. Nun sind mit der Niederstraße, der Neustraße, der Klarissenstraße sowie der Wolberostraße vier weitere Standorte hinzugekommen. Auf den Steinen sind die Namen, das Geburtsjahr, das Todesjahr und der Ort, an dem die Menschen gestorben sind, zu lesen.
An der Niederstraße 46 erinnern zwei Steine an die beiden Schwestern Henriette Levy und Lina Stemmer geb. Levy, die beide 1943 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet worden sind. Die Patenschaft für die Steine übernimmt eine Neusserin, die die beiden Schwestern kannte und das Stadtarchiv auf ihre Geschichte aufmerksam gemacht hatte. Das Stadtarchiv ist mit der wissenschaftlichen Begleitung der Verlegung von Stolpersteinen in Neuss betraut und berät fachlich wie organisatorisch alle am Projekt Interessierten.
Eine weitere Patenschaft für die Steine der beiden Schwestern haben die Schüler der Janusz-Korczak-Gesamtschule übernommen. „Ich freue mich, dass die Janusz-Korczak-Gesamtschule dieses Projekt so aktiv unterstützt“, sagt Dr. Jens Metzdorf, Leiter des Neusser Stadtarchivs. „Wenn nicht unsere Schule, welche dann?“, fragt Achim Fischer, Leiter der Gesamtschule und bezieht sich damit auf den Namensgeber der Schule, der selbst den Tod im Vernichtungslager Treblinka fand. „Wir blicken auf eine fast 20-jährige Tradition der Stolperstein-Patenschaften zurück und freuen uns sehr, dass wir wieder Pate sein dürfen“, sagt Fischer.
Auch der Künstler selbst, Gunter Demnig, freut sich über so viel Zuspruch. Als er 1992 das Projekt als konzeptionelles Kunstwerk entwickelte, habe er nicht damit gerechnet, dass irgendwann einmal 96.000 Stolpersteine in 31 Ländern in ganz Europa zu finden sein würden. Jeden einzelnen Stein hat der Künstler selbst verlegt. „Es kommt unendlich viel Positives zurück“, sagt er. Vor allem für die nachfolgenden Generationen sei dieses Projekt ein Gewinn. „Für die jungen Leute machen wir das. Wenn sie ein Buch aufschlagen und lesen, dass sechs Millionen Menschen ermordet wurden, dann ist das eine abstrakte Zahl. Aber ein Familienschicksal macht das ganze greifbar.“
Auf eins dieser Schicksale weisen jetzt die Steine an der Neustraße 5 hin. Dort wird an Fanny und Helmut Milchtajch erinnert. Die Geschwister sind 1939 über England bzw. Belgien nach Palästina geflohen, während ihre Eltern und der jüngere Bruder 1944 in Auschwitz getötet wurden.
An der Klarissenstraße 10 erinnert nun ein Stein an Josefine Johanna Speck, ein Euthanasieopfer, das 1941 in Hadamar ermordet wurde. Die Patenschaften für die Steine an der Neustraße und der Klarissenstraße übernehmen Privatpersonen.
Für die Steine an der Wolberostraße, die der Familie Zilversmit, bestehend aus Max Zilversmit, Theresia Zilversmit geb. Lebenstein, Helga Zilversmit und Hans Zilversmit, gedenken, die den Holocaust in einem Versteck in Belgien bzw. in Auschwitz überlebten, haben die Gesamtschule Nordstadt, die AWO, die Offene Tür Barbaraviertel und die SPD Nordstadt die Patenschaften übernommen.
Eine Übersicht, wo sämtliche Neusser Stolpersteine zu finden sind, gibt es auf der Webseite des Stadtarchivs unter www.stadtarchiv-neuss.de/stolpersteine.html