Neue Ausgrabungen auf dem Freithof
Archäologen finden die Immunitätsmauer des Quirinusstiftes und ein Kaufhaus aus dem Mittelalter
Archäolog*nnen der Fachfirma Planum 1 graben sich mitten auf dem Neusser Marktplatz in die Vergangenheit. Die Ausgrabungen wurden notwendig, weil die neue Fußgängerrampe, welche den Neusser Markt mit dem Freithof barrierefrei verknüpfen soll, in einem Bodendenkmalbereich des mittelalterlichen Stadtkerns gebaut wird. Bei den Bauarbeiten stießen die Archäolog*innen auf zahlreiche Grundmauern aus dem Mittelalter und der Neuzeit.
Einen ganz besonderen Fund stellt der Rest einer einst mächtigen Schalmauer aus Tuffstein und Basalt von noch gut 50 cm Breite dar, die nur noch teilweise am Rand der Baugrube erhalten ist. „Diese mächtige Mauer ist wahrscheinlich ein Teil der Immunitätsmauer des Quirinus-Stiftes aus dem Mittelalter gewesen. Dieser Fund gibt uns erstmals für diesen Bereich eine Vorstellung von der genauen Grenze zwischen dem weltlichen Stadtbereich und dem Stift“, so Grabungsleiterin Kerstin Lehmann. Bis 1802 war der Freithof Teil des Damenstifts St. Quirin und fiel unter das kirchliche Recht. Diese Sonderstellung wurde durch eine sogenannte Immunitätsmauer, die das Stift umschloss, geschützt.Etwas jüngeren Datums sind die Mauerreste des ehemaligen städtischen Kaufhauses. Die ältesten Phasen bestehen aus Säulenbasalt und Ziegeln im Klosterformat, die die Archäolog*innen nun festgestellt haben, stammen aus der Zeit des 14. -15. Jahrhunderts. Das Kaufhaus diente mindestens seit dem Spätmittelalter als Umschlagplatz für die Handelswaren der Kaufleute und wurde bis ins späte 19. Jahrhundert genutzt.
Dr. Ilona Dudziński, Bauforscherin vom LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland ist von der hohen technischen Qualität der Schalmauern aus dem Mittelalter beeindruckt: „Man hat bewusst materialsparend und gleichzeitig sehr stabil gebaut.“
Die jüngsten Mauern des Kaufhauses stammen aus dem 19. Jahrhundert und wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts abgerissen, um Platz für einen neuen Prachtbau zu gewinnen. Die Archäolog*innen haben davon noch eine mächtige Mauerecke gefunden. „Diese Mauerecke wurde schon einmal bei vorherigen Grabungen 1999 von der Stadtarchäologie entdeckt. Es handelt sich um die Südwestecke des alten städtischen Museums, das hier 1912 in Form eines antiken Tempels errichtet worden ist und 1945 zweiten Weltkrieg zerstört wurde.“ so der Stadtarchäologe TIll Lodemann.
Bei den damaligen Ausgrabungen wurde nur ein kleiner Teil der jetzigen Fläche untersucht. Die archäologische Begleitung der neuen Erdeingriffe führt zu bedeutenden neuen Erkenntnissen über die Baugeschichte von Kaufhaus und Immunitätsbereich. Dank der guten Zusammenarbeit zwischen Tiefbaumanagement Neuss, städtischer Bodendenkmalpflege und der archäologischen Fachfirma können die alten historischen Mauern im Wesentlichen erhalten werden und nur dort, wo es unbedingt notwendig für den Bau der Rampe ist, werden einzelne Steinlagen abgenommen.
(Stand: 21.02.2023)