05.04.2019 - Erzählen in Bildern
Neue Ausstellung im Clemens Sels Museum Neuss zeigt Werke von Edward von Steinle und Leopold Bode
Die Frühjahrsausstellung im Clemens Sels Museum Neuss widmet sich mit der Eröffnung am Sonntag, 7. April 2019, um 11.30 Uhr dem Werk zweier Künstler, die sich in faszinierenden Bildern mit Motiven aus Sage, Märchen und Dichtung in besonderer Weise hervorgetan haben: Edward von Steinle (1810–1886) und sein Schüler Leopold Bode (1831–1906). Die Ausstellung, die Dr. Ulf Sölter kuratiert, geht aus einer Kooperation mit der Sammlung Schack der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen hervor, in deren Beständen sich Hauptwerke beider Künstler befinden. In Neuss ist die Schau um einen Themenbereich erweitert: das Wirken Steinles und Bodes im Rheinland.
Ab den 1830er Jahren ergingen große Aufträge an Edward von Steinle, bei denen er auf die Mithilfe vertrauenswürdiger Mitarbeiter angewiesen war. Über Jahrzehnte betreute Leopold Bode, als enger Vertrauter seines Lehrers, verschiedene Baustellen, auf denen umfangreiche Wandmalereien – oft über mehrere Jahre – ausgeführt wurden. Zu den prominentesten Beispielen zählen die Ausmalungen im Hochchor des Kölner Doms und im alten Wallraf Richartz Museum. Doch auch in Neuss selbst haben die Künstler Spuren hinterlassen. Beide lieferten Entwürfe zu Ausmalungen für das Quirinus-Münster, die jedoch heute nicht mehr nachweisbar sind. Noch erhalten sind die beeindruckenden Entwürfe Steinles für die Fenster im Chor der Kirche St. Stephanus in Neuss-Grefrath. Für die Ausstellung wurden die großformatigen Aquarelle frisch restauriert und werden nun erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.
Steinle und Bode stehen mit ihren Werken für eine Malweise, die bis ins späte 19. Jahrhunderts großen Zuspruch fand und deren Bildsprache sich bis weit ins 20. Jahrhundert fortsetzt. Steinle zählte zu den führenden nazarenischen Malern der zweiten Generation, nach Peter Cornelius und Friedrich Overbeck, deren Freund und Schüler er war. Bode war Schüler und zeitweiliger Mitarbeiter Steinles bei Großprojekten wie den Fresken im ersten Wallraf-Richartz-Museum. In der Ausstellung des Clemens Sels Museums Neuss werden Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen mit Motiven aus Sagen und Märchen des Mittelalters und der Romantik präsentiert. Mit Bildern aus diesem Themenbereich haben Steinle wie auch Bode einige ihrer schönsten Werke geschaffen.
Für die Ausstellung – die erste zu diesen beiden Künstlern überhaupt – ist es gelungen, knapp vierzig Bilder und Bilderzyklen zusammenzutragen. Darunter wertvolle Leihgaben aus namhaften Sammlungen wie dem Städel Museum, dem Berliner Kupferstichkabinett und aus der reichen Sammlung des Münchner Kooperationspartners, der Sammlung Schack.
Die Ausstellung lädt das Publikum dazu ein, in eine Bilderwelt einzutauchen, die seit Jahrzehnten untergegangen schien und vergessen war. Durch Edward von Steinles freundschaftliche Beziehung zu dem Dichter Clemens Brentano fanden literarische Stoffe Eingang in sein Werk. Brentanos Märchen und Erzählungen, später auch die Komödien William Shakespeares, die Märchen der Gebrüder Grimm und Wolfram von Eschenbachs Epos „Parzival“ gaben die Anregung zu Bildern und Bilderzyklen, die zu den bemerkenswertesten Kompositionen der deutschen Malerei auf dem Gebiet des erzählenden Bildes gehören. Leopold Bode hat sich ab den 1870er-Jahren ganz auf das Märchen- und Sagenbild spezialisiert. In Bilderzyklen und Mehrfeldbildern hat er Stoffe aus Shakespeares Komödien, den Sagen um Kaiser Karl den Großen und mittelalterlichen Epen dargestellt. In seinen Werken entwickelt Bode einen spezifischen Märchenton, der das Zauberische in den Stoffen Shakespeares oder das Sagenhafte der mittelalterlichen Epen erfasst.
Beide Künstler sind heute nahezu vergessen und werden in dieser Ausstellung wieder entdeckt, und es werden zahlreiche Werke gezeigt, die noch nie oder zumindest seit mehr als einem Jahrhundert nicht mehr öffentlich ausgestellt waren. Zu den schönsten Wiederentdeckungen gehört der große Aquarellzyklus nach den Erzählungen von Clemens Brentano, den Steinle 1854 für den Neffen des Dichters, Carl von Guaita gemalt hat – eines der Hauptwerke des Künstlers. In der Ausstellung sind erstmals drei der ehemals sechs Kartons wieder vereint.
Nicht nur die Œuvres der beiden Künstler wurden erforscht, auch an den Werken selbst wurden nachhaltige Verbesserungen vorgenommen. Das Hauptwerk Bodes in der Sammlung Schack ist das Triptychon „Pippin und Bertha“, das von der Herkunft und Kindheitsgeschichte Kaiser Karls des Großen erzählt. Schack hat es 1876 vom Künstler erworben und dafür einen prachtvollen, aus Eichenholz geschnitzten Rahmen anfertigen lassen, der im Zweiten Weltkrieg verloren ging. Der rekonstruierte Rahmen wird in der Ausstellung erstmals präsentiert.
Zur Ausstellung ist ein Katalog im Prestel Verlag erschienen und im Museumsshop für 26,80 Euro erhältlich.