09.07.2024 - Zwischen Reckberg und Himmelsberg
Spätmittelalterliches Schlachtfeld und Heerlager bei Neuss entdeckt
Am 23. Mai 1475 kam es am Reckberg bei Neuss-Grimlinghausen zu heftigen Kämpfen zwischen dem Reichsheer unter Kaiser Friedrich III. und den Truppen Herzog Karls des Kühnen. Dieser belagerte zu diesem Zeitpunkt seit 10 Monaten die kurkölnische Stadt Neuss mit einem Heer von etwa 14.000 Mann. Da er als fremde Macht eine Stadt des Heiligen Römischen Reiches angegriffen hatte, war der Kaiser zur Hilfe verpflichtet und mit dem rund 35.000 Mann umfassende Reichsheer nach Neuss gezogen. „Durch das Zusammenspiel von Bodenfunden und literarischen Quellen können wir die Schlacht am Reckberg rekonstruieren", so Museumsdirektorin Dr. Uta Husmeier-Schirlitz.
Der burgundische Hofschreiber und Augenzeuge Jean Molinet beschreibt die Kämpfe ausführlich in seiner Chronik, wodurch das Geschehen erstmals im Gelände verortet werden konnte. Im Rahmen der Erneuerung des Rheindeichs wurden bei Ausgrabungen bereits im letzten Jahr Teile eines spätmittelalterlichen Heerlagers entdeckt. Die neu ausgewerteten archäologischen Funde von den Äckern um den Reckberg weisen nun auf ein Schlachtfeld hin.
Die historische Belagerung durch Karl den Kühnen ab 1474 ist zur Zeit Thema der aktuellen Sonderausstellung im Clemens Sels Museum Neuss. Durch diese neuen Erkenntnisse zur Schlacht am Reckberg wird deutlich, dass die Funde womöglich nur die Spitze eines Eisbergs darstellen. Die Lokalisierung des Schlachtfeldes wird nun durch die neu entdeckten archäologischen Spuren, die im Boden hinterlassen wurden, bestätigt und trägt so einen wichtigen Teil zur weiteren Aufarbeitung der historischen Belagerung von Neuss und seinem Verlauf bei.
Seit nunmehr rund 20 Jahren beschäftigt sich Kurator Dr. Carl Pause vom Clemens Sels Museum Neuss mit den archäologischen Spuren der Belagerung. Gemeinsam mit Archäologe Dáire Leahy, der für die Firma Goldschmidt Archäologie & Denkmalpflege die Grabungen geleitet hat, stellt Carl Pause jetzt eine Auswahl an Funden und spannende Forschungsergebnisse vor und zeigt ihre Relevanz für die Neusser Stadtgeschichte auf.
„Funde sind Informationsträger", so Dr. Carl Pause. Sie seien jedoch ohne Kontext wertlos, weswegen der Fundort mindestens genauso wichtig sei wie der Fund selbst. Anhand vieler Informationen und einzelner Puzzleteile lasse sich so ein Bild rekonstruieren.
Das Museum ist ab heute, 9. Juli 2024, ab 11 Uhr für Besucher*innen wieder geöffnet. Es war nach den Sanierungsmaßnahmen aufgrund eines Wasserschadens im Untergeschoss für die Rückführung der Werke ins Depot seit Mitte Juni geschlossen. Weitere Informationen sind auf der Website des Musems erhältlich.
Fotos für Ihre Berichterstattung finden Sie in unserem Bildarchiv. (Bildunterzeile: Museumsleiterin Dr. Uta Husmeier-Schirlitz, Archäologe Dáire Leahy und der Kurator der Ausstellung Dr. Carl Pause (rechts im Bild).